Sonntag, 25. Januar 2015

Neptun hat´s satt-Teil 2

Der Bahnhof von Bensumersiel ist ein altes Gebäude aus dem Neunzehnten Jahrhundert. Hier fahren nur noch ein paar Nahverkehrszüge entlang. Neptun und Bella betreten das alte Gebäude und gehen in Richtung Bahnsteig, als sie den Schalter mit der Aufschrift: FAHRKARTEN UND INFORMATION, bemerken. Einer Eingebung folgend, lenkt Neptun seine Schritte dorthin.  „Guten Tag“, begrüßt er den Mann am Schalter, einen schmächtigen Mittfünfziger.
 „Können sie mir wohl sagen, welchen Zug ich nach Berlin nehmen muss?“
„Berlin?“, fragt der Bedienstete erstaunt, „Äh, von hier aus kommen sie nicht direkt nach Berlin. Sie kommen von hier bis nach Oldenburg, und von da nach Bremen, ja und von Bremen kommen sie dann nach Berlin “ „Ganz schön kompliziert“, meint der Meergott „Ist denn Berlin so unbedeutend , das man nicht direkt von hier hin kommt?“
„Im Gegenteil, wir sind so unbedeutend , das es von Berlin keine Verbindung hierher gibt. Hier fährt nur ein Nahverkehrszug ,und auch der ist der bahn eigentlich noch zu teuer.“
„Ah so. Nun gut, dann nehmen wir also diesen Nahverkehrszug nach Oldenburg“
 „Schön“, sagt der Mann am Schalter, „Das macht dann 6,50€ pro Person“
 „Oh Geld? Ja, natürlich“, Neptun beginnt in seinem Gewand zu suchen.
„Auch für Hummer?“, zischt Käpt´n Kidd
„Wie meinen?“ fragt der Schalter-Bedienstete irritiert „Äh, nein, höchstens für Hunde ,aber für Hummer gibt es keinen Fahrpreis.“ Und zu sich selbst: „Was rede ich denn da  ,der ist doch bestimmt nicht echt“
 „Darauf kannst du Gift nehmen, das ich echt bin“, gibt der Krebs auf Neptuns Schulter zurück.
 „Oh, ist schon in Ordnung“, meint der alte Mann lächelnd, und holt eine Hand voll Münzen unter seinem Gewand hervor, die er auf den Tresen wirft.
 „Sie nehmen ja sicher auch Gold-Dublonen. Hab` ich von ein Paar gesunkenen Schiffen.“
Die Augen des Mannes hinter dem Tresen weiten sich, dann sagt er unsicher:
„Äh, entschuldigen sie ,aber ich kann hier nur Euro entgegen nehmen. Vielleicht gehen sie erstmal zur Kreissparkasse und tauschen sie, oder verkaufen sie ans Museum.“
 „Wo ist denn diese Kreissparkasse?“
 „Ähem ,an der Hauptstraße schräg gegenüber“
„Ah ja“, sagt Neptun lächelnd, und sammelt die Goldmünzen wieder ein „Dann gehe ich mal eben rüber, und komme dann wieder her. bis gleich“
„Äh ja, bis gleich“

 „Paps, wir könnten doch sehr viel einfacher hin kommen“, meint Bella, als sie draußen über die Strasse gehen.
 „Das mag sein, entgegnet der Meergott, aber ich möchte mich doch der Methoden der Menschen bedienen, so respektiere ich sie.“
 In diesem Moment rast ein Auto laut hupend nur zentimeterweit an ihnen Vorbei.
 „Uups, hier muss man ja ganz schön aufpassen.“

Sie betreten die Kreissparkasse, die in einem flachen  Gebäude unter gebracht ist. Hier gehen sie zum Schalter. Neptun greift wieder in die Tasche seines Gewandes, und holt einige Goldmünzen hervor, die er auf den Tresen legt.  „Guten Tag, ich habe gehört, sie könnten dies in Euro umtauschen.“ Die junge Frau am Schalter, Anfang dreißig, mit dunklen Haaren und Brille, sieht auf die münzen, dann betrachtet sie eingehend ,den alten Mann, der ihr gegenüber steht, und seine Begleiterin, die sich interessiert umschaut. „Woher haben sie das ?“ ,fragt sie misstrauisch.
 „Gefunden, in einigen gesunkenen Schiffen“, gibt Neptun bereitwillig Auskunft
. „Gesunken, wo?“
 „Im Meer“
„Das Meer ist groß“
„Da haben sie Recht“
„Sie werden verstehen, das wir bei solchen Wertgegenständen nach der Herkunft fragen müssen. Wegen Hehlerei und so. Wir müssen sicher gehen, das sie die münzen nicht auf illegalem Weg erworben haben.“
„Ist es bei den Menschen illegal, was immer das heißen mag, etwas im Meer zu finden?“
 „Grundsätzlich nicht, nein. Sie können sich ausweisen?“
„Ausweisen?“
„Mir bestätigen, wer sie sind, das muss schon sein, es geht hier ja um etwas mehr Geld.“
 „Ach so. Nun ja, also hier ist meine Krone“, er zeigt auf seinen Kopf, „und hier ist mein Dreizack. Ich bin Neptun, Gott des Meeres, und offen gesagt ,ich habe es ein wenig eilig ,ich muss nach Berlin, und brauche das Geld für die Zug-Fahrkarte.“
„Äh ja gut, und wie ist ihr richtiger Name?“
„Hab´ ich ihnen doch grade gesagt, ich bin Neptun, und dies ist m eine Tochter Bella, und wir wollen nach Berlin. Wir müssen dringend mit der Kanzlerin sprechen. Es ist sehr wichtig“   Die Frau am Schalter betrachtet die beiden sinnend, dann nimmt sie Münzen, legt sie in eine viereckige Schale, und sagt:
„Warten sie einen Augenblick ,ich wiege die Münzen eben aus, um zu sehen, wie viel das Gold wert ist.“
Sie lächelt die beiden gezwungen an, und verschwindet nach Hinten.

Sie warten zirka fünf Minuten, dann betreten zwei Polizei-Beamten die Sparkasse,  und nehmen die Beiden zwischen sich.
„Ihre Ausweise!“ fordert einer der beiden streng.
 „Ausweise?“, sagt Neptun „Wir haben keine Ausweise“
„Dann“, sagt der Beamte „Begleiten sie uns bitte aufs Revier, und machen sie keine Geschichten“
„Mann, seid ihr Menschen kompliziert ,aber wenn sie meinen“
 Die Kassiererin kommt hinter dem Tresen hervor, mit einer  durchsichtigen Tüte ,in der sich die Münzen befinden.
„Ach“, fragt der Meergott den Polizisten, „ haben sie eine Dusche auf ihrem Revier?“
„Eine Dusche? Wollen sie duschen?“
 „Ich nicht,aber mein Hummer könnte etwas Wasser vertragen“
„Kommen sie“, knurrt der Beamte
*
Gar nicht so leicht für einen Meergott, mit menschlichen Gewohnheiten zurecht zu kommen.Wie er da wohl wieder heraus kommt?