Sonntag, 27. September 2015

Jan-aus dem Reich der toten-Teil 2

Eigentlich bin ich ja kein ängstlicher Typ,aber das war auch für mich ein bisschen viel. Nachdem ich Zuhause angekommen war, erlebte ich eine unruhige Nacht. Wenn ich einmal Schlaf fand, sah ich im Traum wieder jenen Jungen, der mich still ansah, und dann mit dem Finger auf mich zeigte. Zusätzlich änderte sich jetzt noch die Szenerie in auf mich zu fahrende Rollstühle und einen Schatten, der über einer am Boden liegenden Gestalt stand.
Dann wachte ich Schweiß gebadet auf, konnte nur noch daran denken, und fand die restliche Nacht keinen Schlaf.

Auch jetzt auf der Arbeit, schweifen meine Gedanken immer wieder ab.Und wenn sich doch jemand einen Scherz mit mir erlaubt hat? Aber woher wusste der denn, das ich gerade zu diesem Zeitpunkt in dem Haus war, und woher hätte er von dem Buch und dem Zettel wissen können? Ich hatte doch mit niemandem darüber geredet. Oh Mist, das gehört doch gar nicht da rein. Säure und Domestos vertragen sich nicht! Sollte mich doch mal auf die Arbeit konzentrieren.

Auch die Pause bringt mich nicht auf andere Gedanken. Ein paar Schachaufgaben während des Essens kriege ich auch nicht gelöst, weil meine Gedanken noch beim gestrigen Rätsel sind.
So bin ich immer wieder in Gedanken versunken, unterbrochen nur, von einigen Schadstoffanlieferungen. Eh ich mich versehe  ist dann auch schon wieder Feierabend, den ich auch verpenne, und fünf Minuten zu spät das Tor schließe.

Als ich nach Hause komme, treffe ich Adele. Adele wohnt in unserer Nachbarschaft, ist 36, hat kurzes ,dunkles Haar, blaue Augen, ein Gesicht, das immer ein wenig verschmitzt wirkt, und ist, wie ich, ein wenig untersetzt. Sie ist ein echter Kumpeltyp, und darum eine gute Freundin.

Ich komme mit ihr ins Gespräch, und irgendwie auch auf mein gestriges Erlebnis und den Zettel.

„Klingt ja irre, diese Geschichte“, meint sie „Hast du den Zettel noch?“
„Natürlich“
„Weist du, ich kenne Jemanden, der ist Privatdetektiv. Wir könnten uns mit ihm treffen, und einfach unverbindlich mit ihm darüber reden.“

Der Vorschlag klingt gut. Vielleicht ist diese Sache für mich allein doch zu groß, und so stimme ich zu. Adele verspricht Heute Abend noch anzurufen, und mir Bescheid zu geben.

In der folgenden Nacht habe ich wieder die Träume von Jungen, Rollstühlen und Schatten, und dennoch geht mir am nächsten Tag die Arbeit viel einfacher und konzentrierter von der Hand, so erleichtert fühle ich mich, dieser Sache nicht mehr allein gegenüber zu stehen.

Etwa eine Stunde vor Feierabend ruft mich Adele an , und verkündet freudig, das Martin, so heißt der Privatdetektiv, Morgen Abend Zeit hätte, sich mit uns bei ihr zu treffen. Ich sollte Buch und Zettel mitbringen.

Ich bin nervös wie selten. Ich kann es kaum erwarten. Ich habe Zettel und Buch vorsorglich schon mal mit zur Arbeit genommen, damit ich nachher nicht erst noch mal nach Hause muss. So sitzen wir am nächsten Abend bei Adele. Ihre Wohnung ist modern, aber anheimelnd eingerichtet. Sie bevorzugt eher warme Farben. Adele und ich sitzen auf einem hellbraunem Sofa, Martin, auf dem dazu passenden Sessel am Tisch .Tee und Gebäck stehen auf besagtem darauf.

Martin studiert den Zettel, und nimmt sich dann das Buch vor, und die Eintragung vorn. Martin Kland ist groß, schlank, hat braunes Haar und grüne Augen. Sein Gesicht ist rundlich, und wirkt gutmütig. Er trägt Jeans und ein rot kariertes Hemd.
Er hört sich schließlich meinen bericht über die Ereignisse im Dijsterkamp -Haus an.

„Eine ziemlich interessante Geschichte“, meint er „Mal abgesehen, von den Geschehnissen im Haus ist es aber durchaus möglich, das du auf ein echtes Verbrechen gestoßen bist.“
„Wie könnte man denn raus bekommen, ob wirklich etwas dran ist?“, fragt Adele
„Nun, zunächst mal müsste man recherchieren und Informationen über diese Familie beschaffen. Laut der Widmung bekam Jan die Bücher zu Weihnachten 1952, es könnte übrigens Sinn machen, dir auch die anderen Fünf noch mal anzusehen.Seine letzte Mitteilung auf dem Zettel, so sie es denn ist, stammt von September 1953. Wir müssten uns also speziell auf diesen Zeitraum konzentrieren. Sagen wir Dezember `52 bis.na Oktober `53.Das nimmt natürlich Zeit in Anspruch“

„Ich habe ab Montag eine Woche Urlaub“, sage ich
„Perfekt. dann könnten du und Adele ihn der Uni- Bibliothek recherchieren.Sie haben dort Archive. Ich kenne jemanden beim Weser-Kurier, der schuldet mir noch einen Gefallen.“
„Dann willst du mithelfen?“, fragt Adele
„Offen gesagt, ist gerade Flaute im Geschäft. Ich langweile mich, und dieser Fall ist reizvoll, also dann!“

Die folgenden Tage verbringen wir mit Recherchen am Computer und in der Bibliothek .Wir stöbern in alten Zeitungsarchiven und Heimatkunde-Büchern, und  tragen allerhand Informationen zusammen. Als ich ein Buch, eine Biographie des Dynastie-Gründer Kees Dijsterkamp, die für unsere Zwecke nicht ganz so ergiebig ist, zurück stellen will, stoße ich mit Jemandem zusammen. Ich fühle etwas an meiner Jackentasche, aber bevor ich noch etwas sagen kann, ist die Person schon wieder weg.

Am nächsten Donnerstag sitzen wir wieder bei Adele und tragen unsere Informationen zusammen. Auch Martin hat viel Interessantes von seinem bekannten  erfahren.
Demnach gab es im Dijsterkamp- Haushalt außer Jan zur fraglichen Zeit folgende Personen:

Johann Wilhelm, Jans Vater mit seiner Frau Sylvia,
Jans Großvater Behrendt,
Jans  Bruder Marten, Sohn Johann Willems aus erster Ehe ,etwa Zehn Jahre älter als Jan
Er war zwischendurch auf einer Studienreise nach Afrika verschollen, und erst Anfang 1953 zurück gekehrt.
Johann Willems Neffen Joost, 31 Jahre alt, über den man noch wenig weiß
Luisa Dijsterkamp, ebenfalls aus erster ehe Johann Willems
Klara Persson, Jans Kindermädchen und Hauslehrerin, 27 Jahre alt, Tochter  schwedischer Eltern. Verschwand etwa im Juli 1953, kurz danach begann Jan, der durch Kinderlähmung bereits an den Rollstuhl gefesselt war zu kränkeln, bis er im September starb.
Ansonsten noch zwei Zofen, eine Köchin und der Hausdiener, der gleichzeitig dem Hauspersonal vorsteht.

„Eine Schwester von Klara lebt noch in Bremen“, berichtete Martin „Auch Nachkommen der Dijsterkamps, nämlich der Tochter und des Sohnes leben noch in Bremen, bzw. im Umland. Von ihnen können wir sicher wertvolle Informationen bekommen. In dem Haushalt verkehrten sonst noch der Hausarzt, ein Dr. Stöhver, dessen Sohn die Praxis übernommen hat, und der Anwalt  Dr. Koninck, der aus einer belgischen Familie stammt. Er lebt noch, und ist im Ruhestand.“

„Vor allem vom Sohn des Arztes können wir vielleicht wichtiges über Jans Krankheit erfahren. Möglicherweise hat er Krankenakten seines Vaters aufbewahrt“, meine ich.
„Richtig, gute Idee“, entgegnet Martin, auch mit Anwalt sollten wir sprechen. Ich werde erst mal sehen, das ich was über die Nachkommen der Dijsterkamps  raus kriege. Übrigens hat mein Bekannter auch ein Familien-Foto aus der Zeit gefunden“ Er holt es hervor
„Hier, die Eltern, Großvater, und die Geschwister, da ist Klara, und das ist Jan.“
Klara ist bezaubernd hübsch, die anderen wirken ein wenig aristokratisch, wie sie so da stehen. Als ich Jan sehe, gefriert mir wieder das Blut in den Adern: Er ist der Junge aus meinen Träumen!

So gehen wir auseinander, und ich bin ziemlich aufgeregt. Ich scheine da tatsächlich auf einen richtigen Kriminalfall gestoßen. Als ich Zuhause angekommen bin, greife ich in meine Jackentasche, um den Hausschlüssel hervor zu holen. Nanu, da ist doch was, das war doch vorher nicht in meiner Tasche! Ich hole es hervor. Es ist ein zusammen gefaltetes Blatt Papier. Ich falte es auseinander, und lese:

Es wäre besser, wenn sie sich nicht in Dinge einmischen, die sie nichts angehen, und gefährlich für sie sein können.Wenn ihnen ihr Leben und ihr Verstand lieb sind, dann halten sie sich fern vom Dijsterkamp -Haus, und vergessen sie Jan Dijsterkamp! …

Fortsetzung folgt


Samstag, 19. September 2015

Jan-aus dem Reich der Toten-Teil 1

Hier startet ein Mistery-Krimi mit viel persönlicher Note, viel Spaß!



Blöde Spätschicht! Die anderen gehen nach Hause, während man selber noch gut Zwei Stunden bleiben muss.
Aber das ist nun mal notwendig, denn unser Recyclinghof  im Blockland, der größte in Bremen, hat bis Siebzehn Uhr geöffnet. Zu Zweit bringen wir nun den Tagesendspurt hinter uns. Fritz schiebt kurz Bauschutt  hoch, und ich sehe nach den Wertstoff-Containern, und betreue die Schadstoff-Annahmestelle.

Ich bin eigentlich einer der unscheinbarsten Menschen, die ich kenne. Klein(Im Winter auch Pullover auf Beinen genannt), untersetzt, mit Brille und absolutem Allerweltsgesicht.

So, die Papier-Presse muss mal angeworfen werden. Ich steige kurz auf den Podest, und schaue hinein. Was ist denn das? Alte Bücher! Ich bin ein leidenschaftlicher Leser, mit Vorliebe klassischer Abenteuer –und Kriminal-Literatur, außerdem spiele ich noch Schach im Verein.Werder-6, Kreisklasse.Zum Großmeister werde ich es nicht mehr bringen, aber ich bin zufrieden.

Ich kann die Bücher greifen. Es sind sechs an der Zahl. Alte Ausgaben von Karl Mays Orient-Zyklus Ein richtiger Schatz! Ich hole sie heraus, und lege zur Seite, dann betätige  die Presse.

So halbe Stunde noch bis Feierabend. Noch eine größere Anlieferung aus Opas Schuppen. Was für große Schuppen es anscheinend gibt, aber na ja. Der Anzahl an Schädlings-Bekämpfungsmitteln nach zu urteilen, hat Opa wohl einen privaten Kleinkrieg gegen alles geführt, was mehr als zwei Beine hatte, und sich nicht Nutzpflanze nannte.

Schließlich ist Feierabend .Rasch unter die Dusche, Schließer- Aufgaben erfüllt, Alarmanlage scharf gemacht, und Tschüß!

Ab nach Hause. Noch ein Paar Teile eingekauft, einen Teil davon Oben bei Mutter und Bruder abgeliefert, und dann habe ich Zeit für mich. Ich Esse eine Kleinigkeit, dann lasse ich mich auf dem Sofa nieder, um  mir meinen Schatz näher anzusehen.

Ich blättere den ersten Band, „Durch die Wüste“, durch. Offen gesagt besitze ich es schon, und habe s wohl auch mehrmals gelesen, aber solche alten Bücher üben doch eine gewisse Faszination auf mich aus.
Während ich so blättere, fällt plötzlich etwas zwischen den Seiten des Buches heraus, und vor meine Füße auf den Boden. Ich bücke mich, und hebe es auf. Es handelt sich um ein zusammen gefaltetes, vergilbtes Blatt Papier, offenbar aus einem Tagebuch ausgerissen. Ich faltete es auseinander, und betrachte es.Mit schwarzer Tinte steht darauf in kindlicher Schrift:

15.9.1953
„Dies ist vielleicht das Letzte, das ich schreibe. Es geht mir schlecht. Ich Kann nicht gehen. Ich glaube, es ist ein Mörder unter uns. Einer ist nicht, was er zu sein vorgibt. Klara ist nicht einfach verschwunden. Und nun bin ich der nächste. Warum hilft mir keiner?

Ich starre auf diese Zeilen, und reibe mir die Augen. Hat sich da jemand einen Scherz erlaubt, oder sollte das echt sein? Dann wäre ich hier einem, nein Zwei ungesühnten Morden auf der Spur!

Ach nein Thorsten, jetzt sei doch mal vernünftig. Bestimmt ist das nur quatsch. Wahrscheinlich hat da ein Junge einem anderen einen Streich gespielt, und der Zettel ist da hängen geblieben. Ja, so wird es gewesen sein, obwohl…nein nein!

Ich lege Buch und Zettel zur Seite, und denke den Rest des Abends nicht mehr daran, oder versuche es zumindest. Auch den nächsten Tag auf der Arbeit denke ich vorerst nicht darüber nach. Habe auch genug Anderes zu tun. Mit Rosi, meiner Vorgesetzten etwas besprechen, Schadstoffannahme, hier und da noch ein wenig aufpassen, und Ausbildungsplanung. Na gut, ab und zu denke ich doch noch mal daran.

Abends zu Hause lese ich den Zettel noch einmal. Dann greife ich instinktiv nach dem Buch, und da, auf der ersten Seite steht eine Widmung:
Für Jan, von seinem Großvater, Weihnachten 1952
Darunter Jan Dijsterkamp, und eine Adresse.
Hmm.. ein Name und eine Adresse, da könnte man doch ansetzen. Nein, nein  was soll das schon wieder? Ich meine, ich bin ein Niemand. Wie komme ausgerechnet ich dazu, in alten Geschichten einer Familie rum zu kramen, mit der ich nicht ich mal verwandt bin, noch sonst irgendwas zu tun habe?

Ach…kennen sie das, wenn man eifriger Krimi-Leser und passionierter Hobby- Detektiv ist, und dann kommt so eine Sache? Verflixte Neugier! Nun was soll ´s? Also gut, mal den Rechner angeschmissen und gegoogelt. Und sieh da, die Dijsterkamps waren eine aus Holland stammende Kaufmanns-Familie, die seit dem Siebzehnten Jahrhundert in Bremen ansässig war. Sie betrieb einen großen Tee-Handel Die Adresse liegt in Schwachhausen, in der Nähe des Riensberger Friedhofs.

Soll ich da vielleicht mal hin? Nun, angucken kostet ja nichts, wenn es denn überhaupt noch was zu sehen gibt.
Den Kopf voller Gedanken gehe ich schließlich zu Bett, doch Schlaf finde ich lange nicht. Die halbe Nacht wälze ich mich im Bett hin und her. Als ich schließlich in Schlaf komme, habe ich einen seltsamen Traum. Eigentlich ist es nur ein Junge von etwa vierzehn Jahren, der mich unverwunden anstarrt. Er starrt einfach nur, und plötzlich hebt er die rechte Hand, und zeigt auf mich. Dann löst er sich auf.

Am nächsten Tag auf der Arbeit, bekomme ich die Gedanken an den Zettel, die Adresse und den seltsamen Traum nicht aus dem Kopf, und bin unkonzentriert.
Auch Rosi scheint zu merken, dass ich neben mir stehe, und sie spricht mich darauf an.
„Oh, es ist soweit alles in Ordnung“, versichere ich „Hab nur nachher noch´n  Paar Dinge zu erledigen, die mich beschäftigen“ Im Grunde ist das nicht mal gelogen.
„Okay, aber wenn du etwas hast, oder auch nur reden willst, kannst du zu mir kommen.“ Sie lächelt mir zu.

Ich gehe wieder an die Arbeit, und zu Feierabend bin ich froh, nach Hause zu kommen. Ich muss heute nicht einkaufen, da könnte ich doch eigentlich...Oh nein, nicht schon wieder!
Aber ich kann machen, was ich will, ich lenke meinen Roller schon in Richtung der Adresse aus dem Buch.

Das Ziel liegt am Ende einer Nebenstrasse unweit des Riensberger Friedhofs. Es ist ein Grundstück mit einer alten Jugendstil- Villa. Es  beginnt zu dämmern, als ich dort ankomme. Grundstück und Haus sind gleichermaßen verwahrlost. Gras und Stauden wuchern überall. Die Hecken sprießen in alle Richtung, der Zaun ist Rostig, und die Umgebungsmauer verfallen. Die Pforte hängt traurig schief und verrostet im Wind.

Am Haus blättern Putz und Farbe ab, und einige Fensterläden hängen schief. Etliche Fensterscheiben sind zerschlagen. Ich schiebe die schiefe Pforte auf. Es ertönt ein lang gezogenes Kreischen. Hier hat wohl jemand `ne Ölkrise. Ich schaue mich um, ob jemand etwas gehört hat, aber Keiner ist in der Nähe.

Langsam schreite ich den Pfad zum Haus hin. Du weißt schon, das du grade einen Einbruch begehst, sage ich zu mir .mag sein, aber es wohnt ja schon lange Niemand mehr hier.
Die Tür steht ein wenig auf, und ich betrete das Haus.

Alles ist überzogen von Spinnweben. Es gibt noch das alte Mobiliar, das von Schondecken überzogen ist. Ein bisschen wirkt es, als hätte man das Haus grade verlassen, dabei muss es schon Jahrzehnte leer stehen. Eine Treppe führt im Vorraum nach Oben .Linkerseits führt eine metallene Vorrichtung nach Oben, die ich als eine Art Treppenlift erkenne. Ich steige die Treppe hinauf.Es wird doch langsam dunkel. Gut, das ich mir eine Taschenlampe mitgebracht habe, die ich aus dem Elektroschrott- Behälter gezogen habe. Sie leistet mir jetzt gute Dienste.

Oben führt ein Korridor an mehreren Zimmern vorbei, an dessen Ende sich noch eine Treppe befindet. An ihrer linken Seite ist eine Rampe Angebracht . Ich gehe den Korridor entlang, und steige auch diese Treppe herauf. Ich stehe auf einem Vorsprung vor einer Tür, in die kaum noch leserlich die Worte: “Jans Reich“ geritzt sind.

Ich schiebe die halb offene Tür auf, und betrete das Zimmer. Es ist eine Art Kinder -oder Jugendzimmer. Rechts ein Bett , am Kopfende eine Kommode. Am Fußende, darum also Rampe und Treppenlift, ein alter Rollstuhl. Seine Rückenlehne ist  mit einem zerschlissenen Kissen gepolstert. Auf der Sitzfläche liegt ein kleiner Ball.

Auf der anderen Seite am Fenster, durch dessen zerschlagene Scheibe ein Luftzug herein kommt, ein Sideboard auf dem Bücher stehen, jetzt natürlich ziemlich vermodert. Als ich eins anfasse, zerfällt es fast in meiner Hand. Was haben wir denn da? Winnetou, Lederstrumpf, die drei Musketiere, Sherlock Holmes, Pater Brown. Hatte durchaus einen ähnlichen Literatur-Geschmack wie ich.
„Tja Jan“, denke ich laut „was kann ich hier nun erfahren?“

Ich lasse den Blick noch einmal schweifen, dann verlasse ich das Zimmer. Ich, kann mich jetzt wirklich auf den Heimweg machen.Ich gehe die Treppe hinunter, und zur anderen. Als ich sie gerade runter gehe, höre ich ein Quietschen, ich drehe mich um, und erstarre .Der Rollstuhl aus Jans Zimmer fährt auf die Treppe  zu. Schon denke ich, er fällt gleich herunter, da bleibt er ruckartig am Treppenabsatz stehen. durch den Ruck wird der Ball herunter geworfen, der die Treppe hinunter springt.

Er prallt schließlich gegen mein Bein und bleibt zu meinen Füßen liegen.
Okay, das ist jetzt ungewöhnlich! Unsicher hebe ich den Ball auf, und betrachte ihn, und das blut gefriert mir in den Adern. auf dem Ball stand wie eingeritzt: Wahrheit finden hilf mir
Und jetzt wird’s wirklich unheimlich! Aber das kann doch gar nicht-da macht sich doch jemand einen Jux mit mir!


„Hallo!“ rufe ich nach Oben „ist hier noch jemand?“. Unheimlich hallt meine Stimme wider. „Das ist nicht witzig!“

Sonntag, 13. September 2015

Tagebuch eines unfreiwilligen Helden-Teil 9

15.05.2025,Fortsetzung

Während ich dies schreibe, sind wir mit unserem neuen Schiff auf dem weg nach Italien. Voraus gesetzt, dass es keine größeren Zwischenfälle gibt, sollten wir gegen Abend in Grosseto ankommen. Es wird bald soweit sein.

Am nächsten Morgen nach dem Frühstück führte Marvin uns zur Bootshalle .Drinnen staunten wir nicht schlecht. Was da lag war ein altes Marine-Schnellboot, welches die Kennung des Regimes trug. An der Seite stand der Name „Sepia“.

„Damit solltet ihr relativ sicher nach Italien kommen.“, meinte unser Gastgeber lächelnd.
„Ja, Perfekt“, meinte Jean anerkennend. „Wenn ich denke, wie es aussah, als du es bekommen hast…Nun gut, wir sollten uns so bald wie möglich aufmachen.“
Marvin stimmte zu. Das Schiff wurde aus der Halle manövriert, betankt, und mit Proviant versehen. Wir nahmen abschied und fuhren los.

Der Kapitän hatte sich entschlossen, die Strasse von Messina zu nehmen, die am engsten Punkt zwischen Sizilien und der Spitze des „Stiefels“ verlief, den das italienische Festland bildete. In diesem, nicht ganz einfachen, Seegebiet sollten uns unsere Verfolger nicht unbedingt suchen, und wir konnten an der italienischen Küste entlang fahren. Jean hielt die Vorsicht für angebracht, da die dunklen Männer ihre Agenten überall hatten, und ich musste ihm zustimmen.

Ich musste während der Fahrt immer wieder an Celia denken, wo sie jetzt war, und wie es ihr ging. Was stellten sie mit ihr an, und lebte sie überhaupt noch? Doch ich vertrieb die Gedanken an ihren Tod. Und dennoch versetzte es meinem Herzen einen Stich, daran zu denken, dass sie nun allein dem ausgesetzt war, was immer man auch mit ihr tat.

Die Fahrt verlief weitgehend ohne Probleme. Einmal sichteten wir in einiger Entfernung eine Fregatte unserer Verfolger, doch sie fielen auf unsere Tarnung herein.

16.05.2025, Italien, Morgens auf Podere il Veggio

Nun sind wir hier, mitten in der Toskana. Ja, wie kamen wir dahin? Nun, gegen Abend kamen wir in Grosseto an. Jean hatte Funksprüche mit dem widerstand in Italien geführt, und so erfahren, das es einen Kontaktmann hier gab, der uns nach Seggiano und dann weiter zu Giacomo Fellieri bringen sollte. Jean erklärte, dass er auch italienisch sprach, und dolmetschen konnte, und mit meinem Französisch könnte ich auch schon durchkommen.

Der Kontakt hieß Paolo, und war in einer Hafenbar zu finden. Mit dem Code-Wort: “Morgenröte“ versicherte man sich, den richtigen gefunden zu haben.
Paolo erwies sich als ein beleibter Mann Mitte Vierzig, mit schütterem, schwarzen Haar und sonnenverbrannter Haut, die zeigte, das er oft im freien zu arbeiten pflegte .Er war mit einfacher Jeans und einem blauen Hemd bekleidet. Seine kleinen, dunklen Augen blickten neugierig und treuherzig in die Welt.

Mit einem alten Fiat-Transporter traten wir die ca. Siebzug Kilometer-Fahrt nach Seggiano an. Unterwegs sagte Paolo:
„Der Graf wird erst morgen früh zurück erwartet, ihr werdet auf Podere il Veggio erstmal übernachten“.
Er bediente sich dabei der französischen Sprache, die er leidlich beherrschte.
„Der Graf?“, fragte ich
„Ja, so wird er genannt. Übrigens hat er Informationen über eure Freundin, die sie geschnappt haben.“

„Ihr wisst, wo sie  ist?“, fragte ich erregt.
„Ja, er weiß es. Er hat mich angerufen, nach eurem Funkspruch Heute Morgen, hat er Erkundigungen eingezogen, und so wie ich ihn verstanden habe, hat er von Verbindungsleuten etwas über sie erfahren, und…aber was ist das denn?“
Er sah sich nach hinten um, und wir folgten seinem Blick, und sahen, was er meinte. eine dunkle Limousine folgte uns.

„Haben sie uns doch gefunden. Na gut, die hängen wir ab. Gegen so was haben wir vorgesorgt.“
Er gab Gas und jagte die kurvige Strasse entlang. Der Verfolger fuhr ebenfalls schneller.
Nach ein paar Minuten, kam hinter einer Kurve ein Feldweg.
„Festhalten!“, schrie Paolo, und riss das Steuer herum. Der Fiat, der für derartige Manöver eigentlich nicht gemacht war, legte sich rumpelnd und krachend in die Kurve, und fuhr in den Feldweg, um gleich darauf auf ein altes Gehöft ein zu biegen, und vor einer Scheune zu halten. Paolo stieg aus, und schob die Scheunentür auf, sprang wieder ins Auto, und fuhr hinein. Eine andere Person schloss das Scheunentor.

Wir stiegen aus, und sahen uns in der Halle um. Draußen hörten wir das andere Fahrzeug vorbei fahren. Neben Paolo stand nun ein kleiner, aber Muskulös gebauter Mann, Mitte Dreißig, der uns als Francesco vorgestellt wurde.
Nun sahen wir in der Scheune auch ein zweites Auto, einen Renault Scenic, den wir bestiegen, und damit wieder in Richtung Hauptstrasse fuhren.
Es wurde bereits dunkel, als wir in Seggiano ankamen. einer Mittelalterlichen Stadt, die sich auf einem Hügel befand.

Durch Zypressen-Alleen, und an Olivenhainen vorbei, fuhren wir nach Podere il Veggio, ein Landgut, das in der nähe Seggianos lag.
Hier wurden uns Zimmer angewiesen, und nach einem glas Wein und einem leichten Abendessen  gingen wir schlafen.
Doch ich kam nicht in den Schlaf. zu aufgeregt war ich, angesichts der Aussicht Morgen früh etwas über Celia zu erfahren. Wo wurde sie festgehalten und könnten wir sie befreien?...

Sonntag, 6. September 2015

Der lächelnde Tote

Der dritte Fall für Finn Hansen



I

„Ah,  verflixt“, sagte der Mann am Schreibtisch, der Anfang vierzig , gut 1,80m groß und schlaksig war, und dunkelbraunes Haar hatte, das hier und dort von grauen Strähnen durchzogen war. Missmutig hielt er eine ausgefallene Krone in der Hand, und betrachtete sie aus seinen grünen Augen. „Tja, nützt nichts, da muss ich wohl mal zum Zahnarzt.“, murrte er.

Im selben Moment klopfte es an der Tür. Ein stämmig gebauter, blonder Junger Mann, Ende Zwanzig, Kriminalmeister Fabian Born, öffnete sie und trat ein.
„Herr Kommissar, wir müssen zum von Hamm-Anwesen.Der alte von Hamm ist erschossen worden. Wir sollen sofort kommen. Der Herr Staatsanwalt ist auch schon da, obwohl es so aussieht, als hätten sie den Mörder schon, aber wir sollen uns die Sache trotzdem mal ansehen. Bei der Prominenz des Opfers will man ganz sicher sein“
„Ende der Mittagspause und  mit dem Zahnarzt wird´s wohl auch nichts“, meinte Kommissar Finn Hansen mit einem seltsamen Gefühl der Erleichterung.

 Albrecht, Baron von Hamm, 78 Jahre alt, war Angehöriger einer alt eingesessenen Adelsfamilie, die etwas außerhalb von Helmburg ein Jagdschloss bewohnte. Es handelte sich um eine, im Harz bekannte, Familie, die eine Schnapsbrennerei unterhielt und einen renommierten Handel mit Wild-Produkten betrieb, die sich ein normal- Sterblicher nicht leisten konnte. Ihr gehörten außerdem noch einige Ländereien.

Der Weg führte die beiden Beamten, hinter der Ortschaft links in einen Waldweg hinein, der auf einen Hügel führte, auf dem das Hammsche Anwesen stand.
Sie stellten ihr Fahrzeug vor dem Haus ab, vor dem schon Polizei-Fahrzeuge standen, und wurden von einem steifen Diener nach Oben geführt, zu den Wohnräumen des getöteten Hausherrn.

Als sie eintraten, sahen sie den Toten, dessen Brust eine Wunde aufwies, welche über die Todesursache  keine Zweifel lies. Blut war daraus auf sein Hemd gesickert. Die Kugel war ihm direkt ins Herz gedrungen. Was das ganze Bild jedoch unheimlich und irgendwie grotesk wirken lies, war die Tatsache, das der Tote –lächelte! Ja, er lächelte. Man konnte es nicht anders sagen, und das Lächeln wirkte irgendwie selbstzufrieden und, ja, diabolisch.

Staatsanwalt Dr. Scholl kam auf sie zu, und reichte ihnen die Hand. Er war ein mittelgroßer Mann, Ende Fünfzig mit grauem Haarkranz und Bauchansatz. Sein rundes, massiges Gesicht war stark gerötet.
„Guten Morgen. Schön, dass sie gleich kommen konnten. Ja, keine schöne Sache. Sie sehen ja selber, er wurde erschossen. Der mutmaßliche Täter sitzt übrigens nebenan.“
„Und woher wissen sie, dass er es war?“, wollte Hansen wissen. 

„Ja, er wurde hier bei der Leiche angetroffen, die Waffe noch in der Hand. Es handelt sich um seinen Neffen, äh. Phillip von Hamm.  Sein Onkel hatte ihn Heute Vormittag um Elf Uhr zu sich eingeladen und mit ihm Kaffee getrunken. Um kurz nach Zwölf Uhr Dreißig, wollte der  Diener das Mittagessen servieren, das der Alte hier Oben einnehmen wollte, und fand den Alten tot ,sowie den jungen Mann schläfrig und verstört mit der Waffe in der Hand“

Hansen kniete sich neben den Toten und untersuchte ihn.
„Da sind Versengungen um die Wunde. Die Waffe muss beim Schuss also sehr nahe gewesen sein. Gibt es Anhaltspunkte das er bewusstlos war, als er erschossen wurde?“
„Nein, keinerlei Anzeichen, allerdings steht die Obduktion noch aus.“, meinte der Staatsanwalt mit leicht erstaunter Mine
„Ist das wichtig?“
„Nun,  er würde jemanden mit einer Waffe doch nicht so nahe an sich heran lassen, und der Mörder wäre doch nicht so nahe an ihn heran kommen,und hätte riskiert von ihm entwaffnet zu werden. Er hätte ihn doch auch aus der Distanz erschießen können. Das ergibt irgendwie keinen Sinn.“

Der Staatsanwalt nickte
„Dann können sie Phillip ja fragen, wenn sie ihn vernehmen.“  
„Ja, aber vorher möchte ich mich in der Wohnung umsehen, um erstmal das Opfer näher kennen zu lernen. Ich werde den Eindruck nicht los, das der Mann selbst der Schlüssel zur Aufklärung seines Todes ist.“

Die Einrichtung der Wohnung entsprach dem Jugendstil. Hansen lies den Blick durch den Salon schweifen. Den Tisch ,auf dem noch ein Kaffee-Geschirr stand, von dem zwei Tassen benutzt waren. Dahinter ein Sideboard.An der anderen Wand ein  Sofa. Vom Fenster, das Links und Rechts mit schweren Vorhängen versehen war, auf der anderen Seite fiel Sonnenlicht herein. Zwischen dem Tisch und dem Sofa lag der Tote, der jetzt abtransportiert war. Dicht bei ihm, lag ein Seidentuch. Hansen bückte sich, und hob es auf.
„Gehörte das dem Hausherrn?“, fragte er den Staatsanwalt.
„Weiß nicht, da müssen sie den Diener fragen, diesen…Edgar, Edgar Jente.“
„Werd´ ich tun, aber vorsichtshalber sollte das hier ins Labor.“
Er übergab es einem Mann von der Kriminaltechnik.

Als nächstes sah er sich das Arbeitszimmer an. Es war nichts besonderes .Ein wuchtiger Schreibtisch, hinter dem ein Leder-bezogener Chef-Sessel stand. Dahinter in der Ecke ein Tresor. Der Schreibtisch war auf die übliche Weise eingerichtet. Der Computer passte vielleicht nicht dazu. Rechts oben stand ein Eingangs-Schuber, auf dem ein Packen Briefe lag. Hansen nahm ihn auf, und betrachtete die Umschläge. Meist geschäftliche Post, wie es schien, darunter ein gelber Umschlag, der an einen Anwalt gerichtet schien. Er legte sie wieder hinein.

Dann sah er sich das Ankleidezimmer und das daran grenzende Badezimmer an. Auf dem Regal neben dem Spiegelschrank fand er einige Medikamenten –Packungen. „Morphin“, las er. „Interessant, mal mit dem Arzt sprechen“, murmelte er, und steckte das Fläschchen ein. Weiter fand er ein Röhrchen mit einem starken Beruhigungsmittel, und eine Packung mit einem Wirkstoff namens Trametinib. Er steckte es auch ein, und nahm sich vor den Arzt des Toten so Bald wie möglich aufzusuchen.

Fabian Born hatte sich derweil das Wohnzimmer angesehen, und nichts Besonderes gefunden.Gemeinsam betraten sie nun die Bibliothek. Auch hier nichts, was von Bedeutung sein könnte. Mehrere hohe Regale voller alter Bücher, darunter auch alte Kriminalromane , so wie eine Sammlung der Werke Edgar Allan Poes. Sie gingen zurück in den Salon, wo nun Phillip von Hamm auf dem Sofa saß, und sie verwirrt ansah. Neben ihm saß der Staatsanwalt. Neben der Couch stand ein Polizist. Von Hamm sah allerdings nicht so aus, als er ob er Lust hätte zu fliehen.

Hansen zog sich einen Stuhl vom Tisch heran, und setzte sich zu ihm. Born tat es ihm nach.
Er wirkte viel mehr, wie ein kleines Häufchen Elend. Er war mittelgroß und schlank, fast schon schmächtig, hatte ein schmales, bleiches Gesicht mit nervös blickenden, grauen Augen, und zurück gekämmtes dunkelblondes Haar.

„Herr von Hamm, ich bin Kommissar Hansen, mein Assistent, Kriminalmeister Born, und
Herrn Staatsanwalt Dr. Scholl kennen sie ja schon.“
Der Angesprochene nickte uns nur zu.
„Ich ermittle im Tod ihres Onkels, und möchte sie nun bitten, mir zu erzählen, was sich aus ihrer Sicht Heute Vormittag zugetragen hat.“

„Nun ja, nach dem Frühstück sprach mich Onkel Albrecht an, ich solle um Elf zu ihm kommen. Genau genommen hatte er mich schon zum Frühstück her bestellt.Das tat ich. Er servierte Kaffee, und sagte, er wolle sich mit mir versöhnen, und mir für die Ehe mit Lena den Segen geben, den er bisher verweigert hatte.Danach gibt es einen Blackout. Ich erinnere mich erst wieder, dass ich mit der Waffe in der Hand auf dem Boden saß, mein Onkel tot vor mir. Da kam auch schon Edgar herein. Edgar ist sein Leibdiener.“
„Sie sagten, er wollte sich versöhnen. Lebten sie denn im Streit?“

Der junge Mann sah dem Kommissar jetzt offen ins Auge
„Es war erstaunlich, das er sich überhaupt versöhnen wollte, denn wissen sie, Onkel war eigentlich ein ziemlich übler Mensch. Er liebte es, Macht über uns zu haben, unser Leben zu bestimmen, und ja, uns zu demütigen. Immer lies er uns die gewisse finanzielle Abhängigkeit von ihm spürt, und drohte jedem mit Enterbung, der nicht spurte. Er war ein echter Tyrann. Grade vor diesem Hintergrund überraschte mich sein Versöhnungsangebot, zumal meine Hochzeit mit Lena, also Lena Holzek  so ein schwerer Schlag für ihn war.“

„Er war also gegen die Hochzeit?“
„Er hat mit allen Mitteln versucht, sie verhindern, daher vollzogen wir sie heimlich. Sie machte mich nämlich unabhängig von ihm. Sie müssen wissen, das Lenas Vater eine Sägemühle und einen Holzhandel besitzt, und mich zu seinem  Junior -Partner gemacht hat, da er außer seiner Tochter, der die Hälfte des Betriebes gehört, und die seine Universal-Erbin ist, keine Kinder hat.“
„Demzufolge hatten sie eigentlich keinen Grund, ihn zu töten.“
Phillip lachte bitter
„Nein, wohl eher umgekehrt.“
„Nun gut, das war ´s für´s erste, danke. Herr Staatsanwalt, solange er hier bleibt, würde ich auf eine Untersuchungshaft verzichten wollen.“
„Der Staatsanwalt überlegte kurz, und nickte dann.
„In Ordnung, aber sie haben sich einmal am Tag bei uns zu melden, Herr von Hamm.“
Von Hamm nickte nur.

Als nächstes hätte ich gern mit dem Diener gesprochen, diesem Herrn Jente. Der Diener wurde gerufen, und erschien kurz darauf. Edgar Jente war ein hoch gewachsener älterer Mann um die Sechzig, mit Kurz geschnittenem schwarzgrauem Haar, einer hohen Stirn, einer Adlernase, mit einem schmalen Schnurrbart darunter,  und blauen Augen. Seine Haltung war würdevoll, und steif. Er erinnerte stark an das Klischee vom englischen Butler.
„Herr Jente, Hansen, Kriminalpolizei, mein Assistent Born. Darf ich fragen, wie lange sie schon für Herrn von Hamm arbeiten?“
Der Diener zog die Brauen hoch, als empfinde er diese Frage als Beleidigung.
„Meine Familie  hat seit Vier Generationen die Ehre den von Hamms dienen zu dürfen. Ich selber bin seit gut dreißig Jahren in diesem Haus beschäftigt.“
„Und waren sie mit ihrer Herrschaft, speziell Albrecht von Hamm, zufrieden, oder gab es Schwierigkeiten?“
„Er war sicher kein einfacher Charakter, und hin und wieder gab es auch Konflikte, aber keine, derentwegen ich ihm den Tod wünschen würde.“ Er zog wieder die Brauen hoch.
Hansen lächelte.

„Oh, ich verdächtige sie keineswegs  Nun. sagen sie mir,was Heute Vormittag passierte.“
„Nun, das Frühstück verlief normal, da war der gnädige Herr auch dabei. Das Mittagessen wünschte er oben in seinem Salon einzunehmen. Ich frage nie nach dem Grund für solche Marotten. Dann befahl er um elf Uhr Kaffee zu servieren, was ich tat.Genau genommen war ich kurz vor Elf da. Sein Neffe war noch nicht anwesend. Ich servierte den Kaffee, fragte, ob es noch einen Wunsch gab, und entfernte mich, als Herr von Hamm verneinte.  

„Hörten sie zwischendurch etwas?“
„Da war zwischendurch so etwas wie ein Knall, aber ich dachte, da war etwas umgefallen.Es gibt so viele Geräusche in so einem alten Haus.“
„Und dann servierten sie das Mittagsessen, und fanden den Toten. Wie und wann war das genau?“
„Da gibt es nicht viel zu sagen.Es etwa Halb Eins Ich kam herein, der gnädige Herr lag tot auf dem Boden. Davor saß, oder stand halb Herr Phillip, und sah mich verwirrt an. Er hielt die Waffe in der hand, weshalb ich erst in Deckung ging.Aber dann brach er wieder zusammen, und blieb kauernd sitzen, und lies sich die Waffe aus der Hand nehmen.“

„Würden sie ihm einen Mord zutrauen?“
„Eigentlich nicht. Er hat nicht das Gemüt für einen Mord. Ist eigentlich mehr ein sanftmütiger und wenig entschlossener Mensch, aber man kann natürlich nicht in den Kopf eines Menschen hinein sehen."
„Ja, das ist richtig. Sagen sie, wer wohnt noch in diesem Haus?“
„Nur seine drei Kinder, seine Frau ist vor Acht Jahren gestorben. Da wäre zunächst der Älteste Paul, 42 Jahre alt. Er leitet ein Gestüt, und ist passionierter Jäger und Vorsitzender des hiesigen Schützenvereins, dann sein Bruder Bernd, zwei Jahre Jünger, leitet die Schnapsbrennerei. Ja und Corinna, sie ist 36, und Vorsitzende des Aufsichtsrates der Unternehmensgruppe. Man sagt ihr ein Verhältnis mit dem Sohn des Bürgermeisters nach. Na ja ,und dann noch die Dienstwohnungen von mir , der Köchin ,und den beiden Zimmermädchen“
„Finde ich die anderen jetzt hier im Haus?“
„Ja, sie dürften alle anwesend sein. Wenn sie nicht in ihren Räumen sind, dann sind sie sicher im Garten.“
„Noch eine Frage: Wer war der Hausarzt von Herrn von Hamm?“
„Herr Dr. Heinholz. Hat seine Praxis  an der Hauptstrasse in Helmburg“

„Gut, das wär´ s  für´s Erste, vielen Dank“
Der Diener wurde entlassen und ging. Hansen dachte nach.
„Je mehr ich höre, desto weniger Sinn ergibt es, das Sein Neffe ihn getötet haben soll.“
 Sie verließen den Salon, der versiegelt wurde, und gingen nach unten, durchschritten den Wohnraum, und gingen zur Terassentür .Draußen im Garten, an einem Tisch, unter einem Sonnenschirm Sassen zwei Männer und eine Frau. Ihre Gesichtszüge ähnelten einander, und gleichzeitig fand man in jedem auch die Züge des Toten.

„Guten Tag, ich möchte sie nicht lange stören. Finn Hansen, Kriminalkommissar, mein Assistent Fabian Born.“
Sie setzten sich, ohne gefragt zu werden, aber bevor der Kommissar beginnen konnte zu reden, sagte, der ihnen am nächsten sitzende:
„Sie brauchen nicht zu erwarten, dass wir traurig sind, dass das Aas tot ist. Wir empfinden seinen Tod eher als Erleichterung.“
„Ja, ich habe schon gehört, wie er ihnen mitspielte, und kann mir vorstellen, dass er bei ihnen nicht sonderlich beliebt war. Sie sind übrigens…?“
„Paul von Hamm“, sagte der blonde Mann mit dem kantigen Gesicht „Das mein Herr wäre eine riesengroße Untertreibung. Er war ein Diktator, der uns alle unterdrückt hat. Hätte wir die Möglichkeit gehabt, von ihm unabhängig zu werden, dann wären wir sicher schon weg gewesen.“
„Tja, und jetzt nach seinem Tod erben sie. Wo waren sie übrigens zwischen Elf und Zwölf Uhr Dreißig?“
„In meinem Arbeitszimmer im Zweiten Stock. Leider war niemand dabei, der das bestätigen kann.“

Hansen wandte sich an den zweiten Mann, der seinem Bruder sehr ähnlich sah.
„Und sie müssen dann Bernd sein. Wo waren sie in der Zeit?“
„In der Brennerei, das kann der Brennmeister bestätigen. Vor einer halben Stunde bin ich zurück gekommen.“
Der Kommissar wandte sich der zierlichen Frau zu, die ihr blondes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, elegant gekleidet war, und zerbrechlich wirkte.
„Ich war im Garten, und habe Rosen geschnitten. Wir haben zwar einen Gärtner, aber die Rosen sind mein Heiligtum“
„Verstehe, und sie waren allein?“
„Ja leider,. Wenn ich gewusst hätte, das ich einen Zeugen brauche, hätte ich sicher jemanden mit genommen.“

Hansen lächelte
„Schon gut, aber sie werden verstehen, dass wir alles gründlich untersuchen müssen.“
„Ja, aber haben sie nicht Vetter Phillip fest genommen?“, wollte Paul wissen.
„Nein, haben wir nicht. Es ist richtig, das er am Tatort mit der Waffe angetroffen wurde, aber es gibt noch ein paar Ungereimtheiten“
„Er wird am Tatort mit der Waffe angetroffen, und trotzdem gibt es Ungereimtheiten?“
„Tja ungewöhnlich, nicht? Aber ich melde mich bei ihnen, wenn wir mehr wissen. Für jetzt verabschieden wir uns."

Als sie Auto saßen, meinte Hansen: “Ich denke, wir haben noch Zeit, zu Phillips Frau zu fahren, dieser Lena Holzek“
Das Holzek´sche  Anwesen lag nicht weit entfernt, am selben Waldweg. Lena war zu Hause, und empfing die beiden Polizisten.
Sie war eine hübsche Brünette mit lebhaften braunen Augen, und so lebhaft war auch ihre Art. Eine sehr energische, lebhafte Person.
„Wie geht es meinem Mann?“, fragte sie
„Den Umständen entsprechend gut. Er muss allerdings vorerst im Hamm-Haus bleiben. Er gilt noch als Hauptverdächtigter.“
„Er ist kein Mörder“
„Ich möchte ihnen das gern glauben. Sie haben nicht im Hamm-Anwesen gewohnt?“
„Um Gottes Willen , da wo dieses alte Scheusal gewohnt hat?“
„Aber ihr Mann wohnte dort?“
„Nein, er hat Heute Morgen dort gefrühstückt, weil sein Onkel ihn darum gebeten hatte. Sagte, er hätte etwas mit ihm zu besprechen.“
„Hat er durchklingen lassen, worum es ging?“
„Nein, ich habe auch genug von ihm gehabt. Nachdem es ihm nicht gelungen war, mich mit Geld zum Verzicht auf dien Hochzeit mit Phillip zu bringen, hat er es mit Verleumdung versucht, und Gerüchte über mich ausgestreut.“
„Die alle nicht wahr waren?“
„Natürlich nicht. Wir haben dann Auswärts heimlich geheiratet. Es war nicht leicht, Phil davon überzeugen, man muss ihn immer ein bisschen zu seinem Glück zwingen, aber schließlich sah auch er ein, das es das Beste war.“
„Und das hat seinen Onkel sehr getroffen?“
„Und wie! Getobt hat er. Phillip wollte er enterben, wenn er sich nicht sofort wieder scheiden lies, aber der war ja nun nicht mehr von ihm abhängig, oder vom Erbe.Umso erstaunter waren wir, als er ihn bat zu ihm zu kommen.“
„Verstehe. Ja, dann habe ich keine Frage mehr.“

II

Am nächsten Morgen wurden ihre Pläne durch eine Nachricht ein wenig durcheinander gebracht. Von der Zentrale erfuhren sie, dass im Hammschen Herrenhaus eingebrochen worden war, und zwar im Arbeitszimmer von Albrecht von Hamm. Offenbar war das Testament gestohlen worden, welches er im Tresor aufbewahrte. Von dem, im Haus anwesenden Anwalt Dr.Stach, einem distinguiertem älteren Mann erfuhren sie, das Albrecht von Hamm wohl ein neues Testament gemacht hatte, und alle enterben wollte.
„Typisch“ meinte Paul, der ebenfalls dabei war „Das passt zu dem alten Drecksack“
Alle Familienmitglieder konnten ein mehr oder weniger gutes Alibi vorweisen. Hansen zog es vor, zwei Polizei-Beamten im Haus zurück zu lassen.

Nun fuhren sie zu Dr. Heinholz, dem Hausarzt. Der erwies sich als beleibter Mann Mitte Fünfzig, mit Glatze, grauen Augen, und braunem Walross-Schnurrbart.
Finn Hansen holte die Medikament-Packungen aus der Jacke.
„Ich nehme an, sie haben ihm die verschrieben?“
„Allerdings“
„Beruhigungsmittel und Morphin sind mir soweit bekannt, aber Trametinib sagt mir nichts.“
„Ja, das ist ein Krebs-Medikament für Patienten mit inoperablem oder metastasiertem Melanom. Es ist ein MEK- Hemmer, der den Signalweg in der Krebszelle zur Teilung blockiert. „

„Herr von Hamm hatte also inoperablen Krebs?“
„Leberkrebs, der auch schon gestreut hatte. ja. Er hatte höchstens noch drei Monate. Das Medikament kann das nur noch verlangsamen, aber nicht mehr aufhalten. Das Morphin war zur Dämmung der Schmerzen, und sorgte zusammen mit dem Beruhigungsmittel dafür dafür, das er noch Schlaf finden konnte.“
„Wann hatten sie das letzte Mal das Beruhigungsmittel verschrieben?“
„Hmmm…vor Zwei Tagen, denke ich“
„Hansen hielt die fast leere Packung hoch. Kann es sein, das die Packung dann schon so leer ist?“
„Nein, eigentlich nicht, das überrascht mich jetzt auch ein wenig.“
„Wusste seine Familie, dass er tot krank ist?“
„Ich hab es ihnen nicht gesagt, das habe ich ihm selbst überlassen, und wenn er es ihnen nicht gesagt hat, wissen sie es auch nicht.“
„Gut, das war schon alles, vielen Dank.“

„Als sie wieder im Auto saßen, fragte Hansen:
„Na, was meinen sie zu dem Fall?“
„Ziemlich verwirrend, aber wenn sie gewusst haben, das er unheilbar Krebskrank ist, hätte es für sie ja keinen Sinn gemacht, ihn zu töten.“
„Wenn sie es wussten, aber so wie ich ihn einschätze hat er es ihnen nicht gesagt, aber wie dem auch sei, wir müssen sie fragen.“
„Das Testament zu stehlen hätte aber jeder ein Motiv gehabt.“
„Logisch, wenn er sie enterben wollte, wäre es natürlich klar, dass sie es verschwinden lassen wollen. Fabian, ich habe einen gewissen Verdacht, ich muss ihn mir jetzt noch bestätigen lassen. “

Er wählte auf seinem Handy, das in der Freisprechanlage saß. Wenig später meldete sich die Gerichtsmedizin.
„Wörner, haben sie die Leiche des alten Von Hamm noch bei ihnen? Ah sehr gut, könnten sie für mich noch einmal eine bestimmte Untersuchung vornehmen? „
Ein ähnliches Gespräch führte er noch mit der Kriminaltechnik.
„Bis Heute Abend haben wir die Ergebnisse, und Morgen früh fahren wir noch mal zum Hamm-Anwesen.

Am nächsten Morgen saßen sie im Büro und studierten die erhaltenen Berichte.
„Ja, ich hatte Recht“, meinte Hansen
„Eigentlich unglaublich“, meinte Born „doch wenn man es genau nimmt, springt es einem eigentlich ins Auge“
„Ja, lassen sie uns zu den von Hamms fahren, und die Sache zu Ende bringen. Ach ja, der Staatsanwalt.“
Hansen griff zum Telefon und verständigte den Staatsanwalt, der zusagte hinzu zu kommen.“
Als sie sich erhoben, fiel Hansens Blick auf ein kleines Buch, das auf Borns Schreibtischseite lag.

„Edgar Allan Poe“, sagte er.
„Ja", meinte Born, "ich habe ab und zu einen Sinn fürs Morbide."
Hansen lächelte, doch als sein Blick auf den Titel der Geschichte fiel, erstarrte er wie elektrisiert. So stand er eine Weile und dachte nach.
„Born, „sagte er schließlich, „sie haben grade das letzte Rätsel gelöst. Ich denke, ich weiß jetzt, wo das Testament ist. Kommen sie, wir fahren.Wir müssen vorher noch mit einer bestimmten Person des von Hamm-Haushaltes reden “

Unten im großen Salon waren alle versammelt. Die drei Geschwister, Phillip und seine Frau, die sie unterwegs angerufen hatten, der  Anwalt der Familie, sowie Staatsanwalt Dr. Scholl. An den Türen standen Polizisten.
Hansen und Born kamen herein, und kurz danach Edgar, der Getränke servierte, und sich dann zu den anderen setzte.
„Vielen Dank, das sie erschienen sind“, begann Finn Hansen „Ich möchte mit ihnen nun den Tod von Albrecht von Hamm aufklären.“

„Sehen sie, es ist nicht so, dass wir hier einen Mangel an Verdächtigen haben. Albrecht hat sich, so wie ich es sehe, alle Mühe gegeben, sich möglichst viele Menschen zum Feind zu machen. Er hat seine Familie wie ein Tyrann regiert, und jedes Mitglied hätte wohl mehr als genug Grund gehabt, ihn zu töten.
Ich war schnell der Meinung, dass der Mann der Schlüssel zur Lösung des Falles  ist, und die Gespräche, die ich mit seinen Angehörigen, gleichsam den Verdächtigen geführt habe, bestätigten mir dies.

 Ich hatte aufgrund des Charakters des Toten eine Vermutung, die noch verstärkt wurde, durch ein Gespräch mit seinem Hausarzt, bezüglich der Medikamente, die ich in seiner Wohnung fand.
Wussten sie, das ihr Vater, respektive Onkel, unheilbar Krebskrank war?“
Die Familienmitglieder schüttelten überrascht die Köpfe
Hansen lächelte
„Das habe ich mir gedacht. Aber das war eine entscheiden Erkenntnis, auch die Tatsache, dass die Packung mit dem Beruhigungsmittel fast leer war, obwohl er sie erst vor zwei Tagen bekommen hatte. Das bedeutet, er musste eine größere Menge für einen bestimmten Zweck gebraucht haben.Wofür?

 Nun, wie gesagt, der Mensch Albrecht von Hamm sagt es uns .Von Hamm war ein Narzisst mit sadistischen Neigungen. Er war herrsch- und kontrollsüchtig, und liebte es seine Kinder und seinen Neffen herum zu kommandieren, und ihr Leben zu kontrollieren. Wo es ging, schikanierte und demütigte er sie .lies sie ihre Abhängigkeit von ihm spüren.
Und mit allen mitteln versuchte er die Ehe zwischen seinem Neffen Phillip und Lena Holzek zu verhindern. Dabei war ihm nichts zu schäbig.

Aber dann passierte etwas für ihn unfassbares. Phillip und Lena hatten hinter seinem Rücken heimlich geheiratet. Stellen sie sich vor, was das für solch einen Menschen bedeutet. dieser herrsch- und kontrollsüchtige Mensch musste feststellen, wie sich eines seiner Opfer seiner Kontrolle entzog. Das warf ihn aus der Bahn. denken sie sich nun noch dazu, dass er tot krank war, und höchstens noch drei Monate zu leben hatte.
Ein so narzisstischer Mensch  wird in solch einem Fall nicht plötzlich versöhnlich und akzeptiert seine Niederlage.

Nein, viel mehr wollte er noch im Sterben eine Demonstration seiner Macht geben, und Phillip für seine Unverschämtheit bestrafen, und dazu ersann er einen Plan, den man direkt teuflisch nennen kann.“
„Ich verstehe nicht ganz“, meinte Paul. „wie soll er das gemacht haben?“
„Ist ihnen das noch nicht klar? Wir haben es hier mit dem ebenso bemerkenswerten, wie ungewöhnlichen Fall eines als Mord getarnten Selbstmordes zu tun.“
Die anderen fuhren hoch
„Selbstmord“

„Ja sicher“, sagte Hansen „Er hätte eh nicht mehr lange gelebt, und er wollte nicht, das Phillip, der sich seiner Kontrolle entzogen hatte, glücklich würde. Was war da nahe liegender, als ihm den Mord an sich selbst anzuhängen?
Dass er Phillip zu sich bestellt hatte, zeigt, dass er mit Vorbedacht geplant hatte. Er lässt sich den Kaffee kurz vor Elf servieren. Kein Problem den Kaffee von Phillip nach dem Eingießen mit einer hohen Dosis Schlafmittel zu versetzen.er bringt die, nun fast leere, Packung zurück ins Bad, wo ich sie fand.Dann wartet er auf seinen Neffen.

Wie geplant schläft Phillip nach der Einnahme schnell ein. Jetzt geht Albrecht an die Umsetzung seines Plans. Er holt die Waffe hervor, die er vorher versteckt gehalten hatte.Dabei umfasst er sie mit dem Seidentuch, das nachher am Boden lag. Er drückt sie dem schlafenden in die Hand, umfasst sie und Phillips Hand, und seinen Finger am Abzug, und hält sie sich vor sie Brust. so...“ er führte es vor „...und drückt ab. Dabei hat er jenes triumphierende, bösartige Lächeln im Gesicht, das er auch noch im Tod hatte. Peng, der Onkel ist tot, und der Neffe  wird mit der Mordwaffe in der Hand gefunden“
Eine Pause entstand.

"Wenn sie jetzt fragen, ob ich das beweisen kann, oh ja. Ich habe Albrechts Leiche, speziell seine Hände auf Schmauchspuren untersuchen lassen. Sie wiesen welche auf, womit bewiesen ist, das er abgedrückt hat. auch das Seidentuch enthielt welche, und damit nicht genug, ich habe auch die Waffe noch einmal untersuchen lassen. Auf dem Magazin waren nur Albrecht von Hamms Fingerabdrücke. Er musste sie also geladen haben, und das wird er gewiss nicht getan haben, damit ihn jemand anders erschießt.

Und darüber hinaus haben wir sogar sein Geständnis. Es gibt nämlich eine Person, die sein volles Vertrauen genoss. Diese Person ist Edgar Jente, sein Diener. Bevor wir diese Versammlung abhielten haben wir mit ihm gesprochen, und er hat uns gestanden, das der alte ihm einen Brief hinterlassen hatte, in dem er alles erklärte, und ihn bat, noch etwas zu tun, nämlich den Einbruch im Arbeitszimmer vor zu täuschen, indem er das Türschloss beschädigte , und den Tresor öffnete, dessen Kombination ebenfalls im Brief stand. Aber das Testament war gar nicht im Tresor nicht wahr?“

Edgar nickte.
„Nein, er hatte es vorher schon versteckt. Der gute Edgar ist eine treue Seele, daher hat er getan, was sein Herr wollte. Das verschwinden des Testamentes sollte Verwirrung stiften und Zwietracht unter den Geschwistern sähen. Noch im Tod wollte er sie triezen. Doch Edgar hatte so viel Gewissen, das er doch nicht dafür verantwortlich sein wollte, dass ein Unschuldiger ins Gefängnis geht. daher es uns zusammen mit dem Brief übergeben.“

„Aber wo ist denn jetzt das Testament?“, fragte der Staatsanwalt.
„Oh, wir haben es schon gefunden, und das ist Kriminalmeister Born zu verdanken. Er las nämlich ein Buch  mit Geschichten von Edgar Allan Poe. Und der Titel war „Der entwendete Brief“, indem es um eine geniale Versteck-Idee ging. Das Buch erinnerte mich daran, das ja auch Albrecht von Hamm Werke von Poe in seinem Regal hatte, und mit Sicherheit würde auch diese Geschichte dabei sein, und hatte ihn inspiriert.

„Aber wo?“, wollte der Anwalt wissen.
„Ja, wo kann man einen Brief am Besten verstecken? Das beste und genialste Versteck ist- zwischen vielen Briefen!
So war es auch in der Geschichte. Der gesuchte Brief lag offen zwischen einem Stapel anderer Briefe auf einem Schreibtisch. Ich erinnerte mich an die Briefe im Eingangsschuber, und dort fand ich es."
 Er zog den gelben Umschlag aus der Tasche, und reichte ihn Dr. Stach.
"Er ist an sie gerichtet. Ich habe ihn geöffnet, um sicher zu gehen. Es ist das Testament. Ich habe es aber nicht gelesen. Damit ist der Fall abgeschlossen, und wir dürfen uns zurück ziehen.“

Der Rest ist schnell erzählt. Albrecht von Hamm hatte seine Angehörigen doch nicht enterbt, oder nicht vollständig. Sie erhielten die Firmengruppe jeweils zu gleichen Teilen. Die Hälfte des Geldvermögens wurde zu gleichen Teilen an die drei Kinder und den Neffen verteilt, die andere Hälfte ging an eine Stiftung.
Um auf der einen Seite den Ruf der von Hamms zu schützen, und auf der anderen Seite Phillip rein zu waschen, der mit seiner Lena sehr glücklich wurde, stellte man das Ganze in der Öffentlichkeit als Unfall dar.
Das war die Geschichte des Todes von Albrecht von Hamm.