Sonntag, 29. November 2015

Das Wunder von Deesum

Heute und an den anderen vier Advents-Wochenenden ,möchte mehr oder wenige wundersame Geschichten mit Advents-Bezug präsentieren.den auftakt macht ein Weihnachtswunder von der Küste.Ich hoffe, es gefällt euch, und nun geht´s los:


In dem kleinen Ort Deesum, an der Nordsee- Küste, stand ein alter Leuchtturm. Er war schon lange kein Seezeichen mehr, sondern nur noch Wahrzeichen. Seinen Dienst versah nun ein moderner Turm an der Hafeneinfahrt, etwa 500 Meter entfernt.
Der alte Turm aber, war nur noch ein Schmuckstück des Ortes, welcher kaum 800 Einwohner hatte.

Am Leben gehalten, von einem Verein alter Enthusiasten, ehemalige Leuchtturmwärter, und See-Lotsen, war er ein Technik-Denkmal.Monument einer vergangenen Zeit, stand er etwas Außerhalb des Ortes auf einer Landzunge, und war sowohl durch einen Boots-Anleger, als auch vom Deich aus erreichbar.
Könnte er sprechen, so könnte er viele Geschichten erzählen aus seinem Bewegtem Leben, in dem er über Hundert Jahre lang Seeleuten den Weg gewiesen hatte, und vom Leben  der Menschen an der Küste.

Der letzte, der den Turm als Wärter betrieben hatte, war Jan Harmssen. Noch Heute sah er regelmäßig nach dem Rechten, und öffnete hin und wieder den Turm für Touristen.
Harmssen hatte aber noch eine andere  Aufgabe, die er trotz seines fortgeschrittenen Alters von immerhin Anfang Siebzig mit ausführte.

Auch wenn Deesum ein kleiner, und wenig bedeutender Ort war, besaß man doch eine Seenot-Rettungsstation mit einem kleinen, in die Jahre gekommenen, Seenot-Rettungskreuzer, der „Ariane“. Harmssen gehörte zu den ehrenamtlichen Helfern, und war ihr Kapitän.

An jenem Abend im Dezember ,es war der Vorweihnachtsabend, hatte er Dienst.
Zusammen mit drei Kollegen, nämlich Fritz Mikoteit, Anfang Fünfzig der aus Danzig stammte, Erwin Jöndrup, Vierzig Jahre alt, und zum Schluss Karl Wesselin, 65 Jahre alt, der wegen seiner besonders langen, hageren  Staue auch „die Bohnenstange“ genannt wurde, hatte er Heute die Rettungs-Wacht.

Tagsüber hatte es ein wenig geschneit, aber insgesamt war das Wetter eher ruhig gewesen. Nun gegen Abend jedoch, wurde der Schneefall dichter, und der Wind nahm zu. Über dem Meer bildete sich ein Sturm.

Trotzdem hoffte die Mannschaft auf einen ruhigen Abend. Das Radio war an, Skat-Karten lagen auf dem Tisch, und Tee war aufgebrüht. Durch das Fenster ihrer Unterkunft, und durch das dichte Schnee-Gestöber, konnten sie die bunten Lichter der Weihnachtsbeleuchtung auf der Einkaufs- Strasse, und den Weihnachts -Schmuck an den Häusern sehen.

In diese Behaglichkeit platzte nun der Notruf, den das Funkgerät auffing. Ein Küstenfrachter war in dem aufziehenden Orkan in Seenot geraten, und havariert. Harmssen und seine Mannschaft machten das Schiff klar, und fuhren hinaus, um der Besatzung des Kümos zu Hilfe zu kommen.

Mühsam quälte sich der alte, gerade mal 20 Meter lange Seenotkreuzer durch Meter hohe Wogen in Richtung der Koordinaten, die der Havarist angegeben hatte .Fast wäre das altersschwache Schiff selber gekentert, aber es ging noch einmal gut.

Es war dunkel, Schneeflocken erschwerten zusätzlich noch die Sicht, und die Hoffnung der Männer, das in Not geratene Schiff noch zu finden schwand mit jeder Minute.
Doch dann  rief Fritz plötzlich: "Da, ich sehe was, da ist ein Licht."
Tatsächlich handelte es sich um ein Positionslicht. Sie hatten das Schiff tatsächlich doch noch gefunden.

Langsam kämpfte sich der kleine Seenot-Kreuzer durch die Fluten zu dem Havaristen heran, der bereits der länge nach gekippt war, und schräg im Wasser lag. Das das Kümo nicht mehr zu retten war, war sofort klar. Wichtig war jetzt die Besatzung zu retten.

Schließlich gelang es der Ariane, längsseits an das Schiff zu gehen. Die Besatzung, Vier Mann, stand an Deck und winkte.

Die Männer der „Ariane“ warfen Seile hinüber, um  Den Seenot-Retter näher an das havarierte Schiff zu ziehen, und so das Umsteigen zu ermöglichen.

Grade in diesem Moment hob eine gewaltige Welle den Bug des Frachters aus dem Wasser, und schleuderte ihn auf den vorderen Teil der „Ariane“.
Krachend zerbarst der Seenot-Rettungskreuzer, und begann sich nach vorn in die Tiefe zu neigen.

Geistesgegenwärtig schrie Harmssen:„Die kleine Ariane zu Wasser, schnell!"  
Die kleine Ariane war das Beiboot der Ariane, ein Zodiak- Festrumpf-Schlauchboot von  Sieben Meter Länge, das, eng zusammengerückt, bis zu 10 Mann befördern konnte.

Kaum hatte er diesen Befehl in den Orkan-Wind geschrien, lief er schon selber ans Heck, und begann die Taue zu lösen, die das Zodiak hielten.

Das Boot glitt ins Wasser, und die Mannschaft sprang hinein. Die Crew des Frachters, die dies mit angesehen hatte, sprang ins Wasser, und wurde von den Seenot-Rettern an Bord der kleinen Ariane geholt. Harmssen warf den Außenborder an, und sie fuhren los, während die Ariane zusammen mit dem Kümo in den Fluten versank.

 Der Zodiak machte sich mit den Acht Männern auf den Weg zur Küste, soweit es möglich war. Die Navigations-Instrumente waren beschädigt wurden, als der Frachter auf die Ariane geschleudert wurde, weil die Wucht des Aufpralls den Seenot-Kreuzer kurz aus dem Meer hob, und es wieder zurück schleuderte. So mussten sie nach Gefühl navigieren.

Dunkelheit und dichtes Schneetreiben nahmen fast jede Sicht, und hohe Wellen schleuderten das kleine Boot hin und her. überspülten die Insassen, und schleuderten schließlich einen über Bord, der mit viel Mühe noch gerettet werden konnte.

So quälten sie sich durch Sturm, Unwetter und Wogen. Irgendwann, sie begannen mittlerer Weile ihr Zeitgefühl zu verlieren, setzte der Motor aus.
„Verflucht, kein Benzin mehr“, stieß Harmssen hervor. Auch keine Reserve mit.
„Es hilft nichts, rief er “Wir müssen rudern.“

Er griff sich zwei Riemen, die die neben ihm im Bug lagen, und reichte sie nach hinten weiter.
„Wir wechseln uns ab. Jeder eine Stunde“

So begannen sie zu rudern. Bei diesem Seegang und dem Unwetter eine unmenschliche Kraftanstrengung, auch wenn sie sich abwechselten.
Die Hoffnung auf Rettung wurde immer kleiner unter den Männern, ebenso wie ihre Kräfte schwanden. Nass, zitternd vor Kälte, erschöpft von der Anstrengung des Ruderns, dem Wüten des Sturms hilflos ausgesetzt, begannen sie mit dem Leben abzuschließen. Es war eine düstere Stimmung. Wenn es doch nur ein Zeichen gäbe, wenn man doch nur etwas von der rettenden Küste erkennen konnte, das Mut gab.  

Einige begannen schon zu beten, und den Seelenfrieden vor dem sicheren, und offenkundig unabwendbaren, Tod zu suchen.

Plötzlich rief Karl die Bohnenstange: „Da seht!“, und er wies nach vorn.
Alle sahen in die Richtung, in die er zeigte, und sahen es: Da, in der Ferne, war ein Licht, ein helles Licht, das ihnen entgegen blinkte.
„Ich hoffe, das ist jetzt keine Sinnestäuschung" stöhnte Jöndrup.
„Nein, das muss ein Leuchtfeuer sein“, rief Harmssen „wir sind der Küste nahe. Das muss unsere Hafeneinfahrt sein. Los, das schaffen wir jetzt auch noch.“

Und er nahm sich selbst die Riemen, und ruderte mit kräftigen Schüben dem Licht entgegen, durch das wütend schäumende Wasser,und die über sich zusammenschlagenden Wellen, Schneegestöber und Kälte vergessend ,durch den neu gewonnenen Mut.

Nach einiger Zeit rief Fritz: Das ist nicht unser Hafen!“
„Egal“, gab Jan zurück, der grade die Ruder an Jöndrup weiter gab. “Hauptsache, es ist eine Küste, denn das ist unsere einzige Rettung."

Sie ruderten weiter, und als sie schließlich in Sichtweite des Ufers geraten waren, stockte zumindest den vier Seenot-Rettern der Atem, und mit weit aufgerissenen Mündern, sahen auf die Quelle des Lichtes, der sie entgegen fuhren.

„Mein Gott, wie ist das möglich?“, stieß Harmssen hervor „Das alte Ding ist doch seit Jahren außer Betrieb. Ich war erst Vorgestern dort. Er ist mit Sicherheit ausgeschaltet.“

Sie hielten auf den alten Leuchtturm zu, dessen Feuer sie leitete. Hell leuchtete es ihnen entgegen. Mit letzter Kraft kamen sie schließlich am Anleger an, der völlig verwaist war. Kein anders Schiff lag hier. Der Steg war von einer Schneedecke bedeckt.

Die Männer vertäuten das Boot, und stiegen aus.
„Wir gehen erstmal in den Turm“, sagte Harmssen „Ich hab nen Heizlüfter, Rum und einen Kocher, drin, das wir uns erstmal n´ Grog machen können. Decken sind da auch.“

Sie umliefen den Turm, und kamen am vorderen Ende an, wo die Tür war, und Harmssen stockte wieder: Auch der Weg vom Deich zum Turm war von einer dicken Schneedecke bedeckt. Keine Fußabdrücke ,die zum Turm führten. Die Türklinke war mit Schnee bedeckt. Es war, als wäre länger niemand hier gewesen, und doch brannte oben das Leuchtfeuer.

Harmssen griff an die Klinke, die Tür war abgeschlossen. Mit halb steifen Fingern kramte er einen Schlüsselbund hervor, und schloss auf, und dabei wurde ihm klar, das es außer ihm nur noch eine Person gab, die einen Schlüssel besaß, und  den Leuchtturm hätte in Gang setzen können, und das war Karl die „Bohnenstange!“  

„Das kann doch nicht sein“, murmelte er, während er die Leute einließ „Wie kann er ganz von allein angehen? Das grenzt ja an Zauberei.“
Nachdem er die anderen mit Grog und Decken versehen hatte, ging er nach unten zum Versorgungsraum, und wurde blass, als er feststellte: Der Hauptschalter war aus!
„Das gibt`s nicht, das gibt`s nicht, murmelte er vor sich hin, während er wieder herauf ging, und oben brannte das Leuchtfeuer weiter.

Sie verbrachten den Rest der Nacht hier, bis am nächsten Morgen eine Rettungsmannschaft aus dem Ort kam, und sie zur Seenot-Rettungs-Station fuhr.
„Woher wusstet ihr, dass wir hier waren?“, fragte Harmssen
„Wir haben das Licht vom Leuchtturm gesehen, das ihr angeschaltet hattet.“
„Aber wir haben es nicht angeschaltet. Es war an, und hat uns zur Küste gebracht“

„Ihr wart das nicht? Das kann doch nicht sein!“
„Ich will dir noch was sagen: Der Hauptschalter war aus, es hätte also gar nicht brennen können, und doch brannte es, und rettete uns das Leben. Es ist geradezu ein Wunder “
„Nun ja, es ist Weihnachten, genau die richtige Zeit für Wunder“

Warum der alte Turm plötzlich zu leuchten begann, konnte nie geklärt werden, aber die Geschehnisse dieser Nacht gingen als das „Wunder von Deesum in die Chroniken ein, und noch Heute, wenn in stürmischen Winternächten  draußen Schiffe in schwerer See in Not geraten, soll der alte Leuchtturm sein Feuer leuchten lassen, und die Seeleute sicher an die rettende Küste bringen. Den Deesumern ist ihr alter Turm seitdem ein Heiligtum, und es heißt, zur Adventszeit soll sein Feuer besonders hell leuchten.

ENDE




Sonntag, 15. November 2015

Jan-aus dem Reich der toten-Teil 4


„Kommt, nach Oben“, sagt Martin, und man hört den Kloß in seinem Hals „Und dann rufen wir die Polizei.“
Unsicher gehen wir wieder hoch. Oben im Erdgeschoß fischt Martin sein Handy aus der Tasche und tätigt den schon angekündigten Anruf.

Wenig später wimmelt es im Haus von Polizei, Kriminaltechnikern und der Gerichtsmedizin. Sie haben Scheinwerfer mitgebracht, die alles in etwas grelles Licht tauchen. Da wir angewiesen wurden, auf die Kripo zu warten, die eventuell noch Fragen an uns hätte, haben wir uns im Salon ein Paar der alten Sitzmöbel frei gemacht, und warten hier.

Es dauert beinahe eine halbe Stunde , bis ein kleiner, hagerer Mann den Salon betritt, der mit seinem schäbigen hellen Trenchcoat, den dunklen Haaren, und den aufmerksamen, leicht schielenden blauen Augen frappierend an Columbo erinnert.

Er stellt sich als Hauptkommissar Lohmann von der Kripo Bremen vor.
„Sie haben also die Leiche da unten aufgefunden. Darf ich fragen, was sie hier in diesem Haus gesucht haben. Sie wohnen ja sicher nicht hier“
Wir sehen kurz einander an, dann beginnt Martin zu schildern, was uns hierher geführt hat.

„Hanseaten- Columbo“, wie ich ihn innerlich getauft habe, hört aufmerksam zu, wobei sich sein Mund zunehmend öffnet. Schließlich nickt er, und man sieht ihm das ungläubige Staunen an.
„Nur das ich das richtig verstehe. Sie haben also diesen Zettel in einem Buch gefunden, der sie auf die Spur eines über Fünfzig Jahre zurück liegendes Verbrechen geführt hat, und haben hier nach spuren gesucht? Das klingt nach ´nem spannenden Roman. Aber gut, nehmen wir an, das ist die Wahrheit, haben sie was gefunden.“

„Ja, die Leiche“, gebe ich lakonisch zurück, „Aber ansonsten nichts. Lässt sich schon sagen wer der oder die Tote ist?“
„Es ist ein Er“, gibt der Kommissar zurück. Eigentlich sollte ich ihnen das nicht sagen, aber  an einem mord gibt es wohl keine Zweifel. Der Gerichtsmediziner meint, er ist schon ein paar Monate tot. Die besondere Luft im Keller hat den Verwesungsprozess verlangsamt.
Was interessant ist: Sein Gesicht wurde zerschlagen, das Gebiss zertrümmert, und die Fingerkuppen abgeschnitten. Der Mörder wollte offenbar die Identifizierung verhindern. So ist alles, was man bis jetzt sagen kann, das es sich um einen Mann zwischen Sechzig und Achtzig Jahren handelt. Wir werden also zunächst einmal die Vermisstendatei durchgehen müssen.“

„Leider können wir ihnen da auch nicht weiter helfen“, sagt Martin „haben sie sonst noch Fragen?“
„Für´s Erste nicht mehr. Sie müssten der KTU aber noch Fingerabdrücke und Speichelprobe geben, zu Vergleichszwecken, weil sie ja ohne Zweifel spuren hier im Haus hinterlassen haben, und wir hier erstmal alles gründlich durchsuchen müssen.“

Wir befolgen also, was Hanseaten- Columbo gesagt hat, geben den KTU- Mitarbeitern, was sie brauchen, und gehen.
Draußen vor dem Haus klingelt Martins Handy. Er nimmt ab, meldet sich, und hört ein paar Minuten zu, dann sagt er:
Moment, Moment mal Fred, ganz ruhig! Komm erst mal runter…Aha, Heute Abend noch? Nein du hast Recht. Ich bring ´eben meine Freunde nach Hause, dann komme ich.“

„Was ist?“, fragt Adele
„Das war Fred, mein Freund bei der Zeitung. Er hat noch ein paar Recherchen zur Familie Dijsterkamp angestellt, und ist auf etwas gestoßen. Er meint, wenn das stimmt, was er herausgefunden hat, könnten wir da etwas unfassbaren auf die Spur gekommen sein. Er will sich noch Heute Abend mit mir treffen. Ich bring euch jetzt nach Hause, und dann fahr ich hin. Ist besser, wenn ich allein hin gehe. Ich geb´ euch dann Bescheid.“

Es dauert bis Montagabend, bis wir wieder von Martin hören. Den Tag verbringe ich auf der Arbeit. Wieder Spätschicht. Die Arbeit in der Schadstoffannahme geht relativ gut von der Hand, oder ginge, wenn ich nur nicht so nervös und fahrig wäre. Das fällt auch Rosi auf, die mich schließlich anspricht. Ich beschließe also ihr die ganze vertrackte Geschichte zu erzählen, von der Tagebuchseite bis zum auffinden der Leiche. Sie hört mit großen Augen zu, und sagt dann:
„So, du spielst also in deinem Urlaub Detektiv. Nur wenn jetzt Leichen auftauchen, wird es doch gefährlich. Vielleicht wäre jetzt der richtige Zeitpunkt auszusteigen.“

Irgendwie kann ich ihr nicht widersprechen. Es stellt sich allerdings die Frage, ob es jetzt noch möglich ist, aus der Sache raus zu kommen.
Gegen Sechzehnuhrdreissig bekomme ich dann eine SMS von Martin:

Bin erst jetzt in der Lage dazu. Fred ist tot .Ermordet. Jemand hat ihn über den Haufen gefahren. Laut Gerichtsmediziner ist er nochmals Rückwärts über ihn gefahren. Als ich am Treffpunkt ankam, war schon tot. Müssen uns die Tage noch mal sehen, und bereden, ob wir überhaupt noch weiter machen .passt auf euch auf!

Ich habe das Gefühl, das mir der Boden unter den Füssen weg gezogen wird. Mir ist schwindlig, und ich versuche mich aufrecht zu halten. So schlecht ist mir. So bleibe ich erst mal  am Schreibtisch im Arbeitsbereich sitzen.
Ich atme ein paar Mal tief durch, dann erhebe ich mich, und gehe hinaus. Auf dem Annahmetisch hat jemand eine Schachtel abgestellt, die ein braunes Glas enthält. Das Totenkopf-Zeichen die Warnung:„giftig“ klebt auf der einen Seite. Auf der anderen ein Etikett mit der Aufschrift: Kaliumcyanid“

Oha, etwas besonders gefährliches .hochgiftig. Nicht mit Säure zusammen kommen lassen, sonst wird Blausäuregas frei gesetzt. Als ich das glas in die Schachtel zurück stecken will, stelle ich fest, das sich noch ein Zettel darin befindet. Ein Beipackzettel? Lesen sie die Packungsbeilage…, kommt mir in den Sinn. Ich falte den Zettel auseinander, und bekomme zum zweiten Mal weiche Knie. Ich lasse mich auf den Schreibtischstuhl zusammen, lege den Zettel auf den Schreibtisch, und lese noch einmal fassungslos:
Lassen sie die Vergangenheit ruhen, oder soll noch Jemand sterben?...


Sonntag, 8. November 2015

Tagebuch eines unfreiwilligen Helden-Teil 12

21.05.2025,Bistritza,Morgens

Jetzt komme ich wieder zum Schreiben. Die letzten knapp Achtundvierzig Stunden ist einiges passiert. Ich fange am Besten dort an, wo ich aufgehört habe.
Die Tür der Scheune öffnete sich, und eine Gruppe Männer trat ein.
 Ein Aufruf in einer fremden Sprache, wohl rumänisch, klang mir scharf entgegen.
 Eine Taschenlampe leuchtete mir ins Gesicht.
„Er ist es“, sagte dieselbe Stimme plötzlich in gebrochenem Deutsch, „Er ist es wirklich“
Der Sprecher mit der Lampe kam näher.

„Willkommen, Tobias Schubert. Wir haben dich erwartet. Wir gehören zum Widerstand. Wir sind schon die ganze Zeit an der Grenze unterwegs, um dich abzuholen, und in Sicherheit zu bringen. Ich bin Georghe Radu. Komm ins haus, du wirst hungrig sein.“
Mit einem Gefühl großer Erleichterung, erhob ich mich, und ging mit.
Als wir am Tisch saßen, konnte ich mir meinen Gastgeber näher ansehen. Georghe war ein mittelgroßer, leicht beleibter Mann, Mitte vierzig mit kurz geschorenem, dunklem Haar, und braunen Augen. Die anderen bei ihm waren bieder aussehende Bauern.
Es gab ein einfaches Mahl, dann meinte Georghe:
Das mit Steiner weißt du“

„Ich habe davon gehört“, sagte ich.
„Nach allem, was wir wissen, wird er auf Schloß Branac  fest gehalten. Wir müssen erst ihn befreien, denn er kennt als einziger einen geheimen Weg in die Felsenfestung. Nicht mal die dunklen wissen davon“

„Wo liegt Schloß Branac“, wollte ich wissen.
„In der Nähe von Bistritza, in Richtung der Karpaten. Morgen früh, wir bringen dich nach Bistritza. Dort triffst du Sergiu, unseren Anführer. “

Ich schlief gut in einem weichen Bett, und am nächsten morgen, nach einem kräftigen Frühstück, fuhren wir nach Bistritza. In einem alten Haus in der Innenstadt, trafen wir einen schwarzhaarigen jungen Mann, Anfang Dreißig mit einem hübschen, aber ernsthaften Gesicht, Mittelgroß, aber Kräftig gebaut. Dunkle Augen blickten mich unter buschigen Brauen interessiert an.

„So, du bist das also.“, sagte er in fließendem Deutsch „Aber du solltest Begleitung haben.“
„Sind in Novi Sad gefangen genommen worden.“, entgegnete ich. „und was mit dem Mädchen ist, weißt du, denke ich mal.
Er nickte „Sicher. Wollen wir also sehen, wie wir sie befreien. Georghe hat dir das mit Steinmann gesagt?“
„Das hat er“

„Wir werden uns ins Schloß einschleichen müssen. Ich habe einen Plan. Teile des Schlosses werden grade restauriert. Es ist also möglich, als Handwerker getarnt hinein zu kommen. Dann müssen wir heraus finden, wo er dort festgehalten wird.“

 Ich bekam ein Zimmer unter dem Dach zugewiesen, in dem ich mich einrichtete .Nun ja, das bisschen, was ich mit hatte war schnell verstaut. Meine Gedanken waren wieder bei Celia, und beim Kapitän und seiner Crew.Ich legte mich hin, und fiel schnell in einen traumlosen Schlaf. Als ich erwachte, war es bereits früher Abend.

Ich ging zum Abendessen herunter, und da erfuhr ich, dass wir am nächsten morgen nach Branac aufbrechen würden. Es war gelungen, einen Auftrag als Klempner-Firma im Schloß zu bekommen. Vor Ort mussten wir dann den Rest heraus finden.


Jetzt schreibe ich gerade diese Zeilen, denn es ist noch Zeit bis zum Frühstück, dann geht’s  los. Aber jetzt herrscht unten Lärm. Durch die angelehnte Tür höre ich unten jemanden rufen. Jetzt kommen Schritte herauf, meine Tür wird von einem arm in einer schwarzen Uniform geöffnet.