Sonntag, 30. Oktober 2016

Die Bestie von Bartowek


Die alljährliche Horror-Geschichte zu Halloween.Achtung,wenn auch keine ausgedehnte Blutorgie, für Kinder nicht ganz so geeignet.


Ich muss diesen  Aufzeichnungen eines Voraus schicken: Die hier geschilderten Ereignisse sind wahr, auch wenn sie noch so unheimlich und phantastisch wirken, und noch so unmöglich erscheinen. Ich bin selbst ein Mann der Wissenschaft, und kann beschwören, dass ich das Folgende erlebt habe. Ich habe sie hier fest gehalten, in Erfüllung meiner Chronistenpflicht.

Es war im Jahre des Herren 1831, als ich in Karlsbad, in Böhmen ,weilte Ich residierte im ersten Haus im Platze, dem Hotel Pupp, wartend auf die Postkutsche, welche mich an mein eigentliches Ziel Bartowek  oder Bartowice, in den Bergen, bringen sollte.

Karlsbad, im tschechischen Karlovy Vary genannt, liegt im Westen Böhmens, an der Mündung der Tepla in die Eger. Es ist einer der berühmtesten, und traditionsreichsten Kurorte der Welt. Die Heilwirkung seiner Quellen ist bereits seit dem vierzehnten jahrhundert bekannt. Ihre Entdeckung geht der Sage nach auf einem durstigen Hirsch zurück, welcher mit seinen Hufen die erste Warme Quelle frei legte.

Freilich hätte ich auch einen Lehrstuhl an der Universität meiner Heimatstadt Königsberg bekommen können, doch fühlte ich mich noch nicht alt und erfahren genug dafür, obschon ich bereits Mitte Vierzig war, und war noch nicht bereit, sesshaft zu werden.

Darum, und weil mich fremde Länder und  Geheimnisse reizten, reiste ich herum, und bot meine Dienste als Privatgelehrter und Detektiv für außergewöhnliche Fälle an, welche örtliche Ermittler vor scheinbar unlösbare Rätsel stellten.

Oft erwies sich mancher Spuk als Scharlatanerie und Täuschung, und doch war ich mir bewusst, das es jene Dinge gab, die auch die Wissenschaft nicht erklären konnte.

Alle meine bisherigen Erlebnisse jedoch, waren harmloser Schabernack im Vergleich zu dem, was ich hier erleben sollte.

So harrte ich der Ankunft der Kutsche, welche nur wöchentlich fuhr, Morgen in der Frühe ankommen, und gegen Mittag wieder aufbrechen würde, und las  jenen Brief eines ehemaligen Studenten noch einmal , der mich hierher gerufen hatte, und in dem es um ein Monster ging, welches den Ort heim suchte, und bereits drei Menschen regelrecht zerfetzt hatte.

Der ‚junge Mann war bereits fortgeschritten, als ich meine Lehrtätigkeit aufgenommen hatte, und schloss zwei Jahre vor meinem eigenen Abschied von der Universität, sein Studium ab. Nun also hatte es ihn als Arzt ins Böhmische verschlagen.

*
  Der Morgen und der Vormittag verliefen weitgehend ereignislos. Nachdem ich das Mittagessen eingenommen hatte, stand der Wagen bereit, und ich konnte meine Reise fortsetzen. Außer mir reisten noch drei Leute mit, die allerdings weiter fuhren.

Als einer meiner Mitreisenden, ein etwa fünfzigjähriger Mönch, von meinem Ziel hörte, rief er aus:
„Dort hin wollt ihr wirklich? Ist euch nicht bekannt, das der Ort verflucht ist?“
„Nein, nur das es dort rätselhafte Todesfälle gab, welche ich untersuchen soll.“
„So habt ihr auch nichts von der Gräfin gehört, die das Land dort in Schrecken versetzte, von der es hieß, sie sei eine Hexe, und Gebiete über dunkle Kräfte .“
„In der Tat hörte ich noch nicht davon. Allerdings unterliege ich nicht dem Hexenglauben. Ich bin ein Mann der Wissenschaft.“

„Natürlich gibt es viel unsinnigen Aberglauben .Eleonore Bartowek  jedoch existierte, und sie errichtete eine Schreckensherrschaft, feierte schwarze Messen, und die Hölle. so heißt es, zeigte sich erkenntlich, und sandte ihr eine Bestie, die ihr zu Diensten war.

 Einige mutige Bauern bereiteten ihrer Herrschaft schließlich ein Ende, vertrieben die Bestie, und mauerten die grausame Gräfin in ihrer Familien-Gruft lebendig ein. Doch bevor die Gruft endgültig geschlossen war, verfluchte sie den Ort und ihre Richter“

„Eine schaurige Geschichte, sicher, aber doch etwas übertrieben“
„Wie ihr meint, doch lasst euch eins raten: meidet das Schloss. Es ist ein entweihter Ort, in dem es umgeht.“
„Danke für euren Rat. Ich werde ihn beherzigen, soweit ich kann.“

Die Fahrt ging nun durch bergiges Gelände, das, je weiter wir fuhren, immer grauer wurde .Kein Vogel war mehr zu hören. Eine eigentümliche Ruhe herrschte, als wir am späten Nachmittag in Bartowek einfuhren. Ein düster und trostlos wirkender Ort.
„Über allem liegt der Hauch des Todes“, murmelte der Mönch „geht mit Gott“
„Der Passagier, der hierher wollte, mag schnell aussteigen. Ich möchte vor Sonnenuntergang diese Gegend  passiert haben“, rief in barschem ton der Kutscher.

Ich entstieg dem Wagen. Im nächsten Moment wurde mir mein Gepäck entgegen geworfen, das aus einem großen Koffer und einer Instrumententasche bestand. Sofort danach gab der Fahrer den Pferden die Peitsche und im Galopp raste die Kutsche davon. Die angst des Kutschers  vor diesem Ort musste wirklich sehr groß sein.

*
Nun stand ich mit meinem Gepäck auf dem Hauptplatz des Ortes. Vor mir das Rathaus.
„Professor Falbius!“
Ich wandte mich um. Da stand mein ehemaliger Schüler, Anton Gerber. Er war wohl aus dem gegenüber liegenden Gebäude gekommen, dessen Tür noch offen stand. Verändert hatte er sich kaum. Groß und kräftig, mit dunkelblondem Haar, und einem gutmütigem Gesicht, dessen große blaue Augen fast kindlich blickten. Doch wie ich aus seiner Studienzeit wusste, ein Mann mit einem messerscharfen Verstand. Es musste wirklich ernst sein, wenn selbst er sich keinen Rat mehr wusste.

„Vielen Dank, das sie gekommen sind.“ er ergriff meine Hand, und rückte sie herzlich.
„Ich freue mich auch sie wieder zu sehen. Doch was trieb einen vielversprechenden Arzt wie sie in diese Gott verlassene Gegend?“
„Es war die Liebe. Meine Braut kam hierher, und da hier eine Stelle als Arzt zu besetzen war, kam ich hier her. Doch lasst uns doch hinein gehen. Wir haben auch ein Zimmer für sie. Wenn sie sich frisch gemacht haben, können wir gleich zur Sache kommen.“
„Immer noch ein Mann der Tat.“

Wir gingen also hinein. Ich bezog mein Zimmer, und kam darauf wieder herunter.
„Nun“, begann ich „Sie schrieben in ihrem Brief von rätselhaften, grausamen Morden, die hier Schrecken verbreiten“
„Es sind noch andere merkwürdige Dinge passiert. Ein unmenschliches Heulen, wie von einer gequälten Frau hallt durch den Ort. In eine Gruft auf dem Friedhof wurde eingebrochen, und dann diese drei Morde.“
„Ich nehme an, sie kennen die Geschichte von der Gräfin, welche hier herrschte.“
„Der Fluch ,ja. Doch das halte ich für Aberglauben. Darum habe ich einen Wissenschaftler hinzu gezogen, aber ich glaube, ich zeige es ihnen “
Er bedeutet mir zu folgen. Wir durchquerten das Haus, gingen durch eine Tür in einen Hinterhof, den wir durchquerten, und betraten ein anderes Gebäude.

„Als Arzt“, erläuterte Anton auf dem Weg „obliegt mir auch die Aufgabe der Leichenschau“
Als wir das andere Gebäude betraten, schlug mir ein Geruch nach Verwesung entgegen. Anton gab mir ein Tuch, das ich mir vor die Nase hielt, und führte mich zu einem Seziertisch, auf dem, mit einem Blut beflecktem Tuch bedeckt, ein Bündel lag.

Als er das Tuch weg zog, stoben Fliegen Hoch, und der Gestank verstärkte sich.
„Dies ist das letzte Opfer. Die anderen sahen ähnlich aus.“
Ich erschauerte. Der Anblick, der sich mir bot war wahrlich entsetzlich. Ein riesiger Brocken Fleisch, der einmal ein Mensch gewesen war.Das Gesicht war von etwas wie einem Prankenhieb geradezu zerfetzt worden. Nur noch das linke Auge war da. Da wo das rechte gewesen war, war ein blutiger Krater, der sich bis zum Hals herunter zog.
Der linke Arm war heraus gerissen.
Der Leib war ein einziges, blutiges Loch, aus dem die Gedärme heraus hingen. Die Unterschenkel schließlich, waren aufgeschlitzt worden.

Auch wenn ich Wissenschaftler war, so war mir doch klar, dass kein Mensch auf diese Weise tötete. Tatsächlich wirkten die Wunden mehr wie von Klauen und Zähnen eines wildes Tieres. Doch der tote musste ein Mann von stattlicher Größe gewesen sein. Was für ein Tier konnte das also gewesen ein?

„Gibt es hier in der Gegend Bären?“, fragte ich
„Schon“, antwortete Anton „Doch  sie meiden menschliche Behausungen. Wenn überhaupt, holen sie mal ein Stück Vieh, aber auch das ist sehr selten. Auch Wölfe lassen sich mit großer Wahrscheinlichkeit ausschließen. Die Verletzungen stammen nur von einem Angreifer.“

„Nun denn. Können sie mir zeigen, wo das letzte Opfer gefunden wurde?“
„Sicher. Ich hole nur eine Laterne, denn es wird allmählich Abend.“
Anton führte mich bis an die Mauer des Friedhofes.
„Hier hat er gelegen, oder was von ihm übrig war.“
An der bezeichneten Stelle fanden sich noch Spuren getrockneten Blutes. Auch die Mauer wies Spritzer auf.
Ich untersuchte den Ort, konnte aber nichts  weiter finden.

„Sagten sie nicht, es sei in eine Gruft eingebrochen worden?“
„Ja, es war die Familiengruft der Bartoweks.“
„Wollen wir sie uns auch einmal ansehen?“
„Sicher. Warum nicht? Die Gruft konnte noch nicht wieder geschlossen werden, aber es dürfte auch unwahrscheinlich sein, das jemand daraus entkommt.“ 
Er zwinkerte mir zu, und ich lächelte.
„Und überwiegend wertvolle Dinge sind auch nicht darin.“

Wir überquerten den Friedhof. Mittlerer Weile war es dunkel, und Anton hatte die Laterne angezündet.
Nebel waberte über das Gräberfeld, und ein kalter Hauch umwehte uns.
Schließlich kamen wir bei der Gruft an. Die Tür wehte leicht im Wind.  Mir fiel auf, dass sie leicht schief war. Sie musste also mit Gewalt aufgebrochen sein. Und ja, das schloss war zerstört.

„Waren sie schon unten?“
„Noch nicht. Wir fanden es nicht nötig."
„So gehen wir jetzt“
Ehe er noch etwas sagen konnte, stieg ich schon die Stufen herab.
In Nischen standen dort Särge aufgebarrt. Jeder mit einem goldenen Schild versehen, dem entnommen werden konnte, wer darin begraben lag.

Mein Blick fiel auf eine Wand an der Stirnseite, an der eine Tafel verkündete:
„Hier wurde lebendig begraben die Hexe Eleonore von Bartowek, auf das sie nie wieder Angst und Schrecken verbreite.“

Unter der Tafel jedoch war ein Loch in die Mauer  gebrochen. Antons Augen weiteten sich
„Wie ist das möglich?“
Wir gingen näher heran, und leuchteten durch das Loch. Der Raum dahinter war leer. Man hatte die Überreste der Toten gestohlen.

„Ich denke, hier können wir nichts mehr tun. Gehen wir.“, meinte ich. 
Wir wandten uns um, das Mausoleum zu verlassen, da erstarrten wir. Durch die Nacht erscholl ein schauerlicher Heulton, der nicht von einem Menschen stammen konnte.

„Was war das?“
„Ich habe keine Ahnung, aber es klingt entsetzlich"
„Los nach Oben!“
Wir stiegen die Stufen hinauf, und verließen die Gruft. Grad e als wir die Umzäunung durchschritten, stürzte ein riesenhafter Schatten auf uns herab. Ich spürte wie etwas meine Schulter aufriss. Ein unglaublicher, brennender Schmerz durchflutete meinen Arm. Ich stürzte und sah auch Anton fallen.

 Mich langsam aufrappelnd, sah mich einem Wesen gegen über, das der direkt der Hölle entsprungen zu sein schien.
Es maß über zwei Meter, und hatte zotteliges, dunkelbraunes Fell. Der Kopf glich dem eines Wolfes, mit heimtückisch blickenden rötlich gelben Augen, und einer spitzen Schnauze, deren aufgerissener Rachen vor spitzen, scharfen, gelblich weißen Zähnen starrte.

Das Ungeheuer stieß einen gutturalen, unmenschlichen Schrei aus, und stürzte sich auf uns. Ich tat einen Satz zur Seite, und stieß dabei auch Anton weg, hinter einen großen Grabstein, gegen den die Bestie krachend aufschlug. Ich rappelte mich auf, und riss Anton hoch.

„Zum Ausgang!“
Das Monster im Nacken,. dessen Knurren uns verfolgte, hetzten wir dem Ausgang des Friedhofes zu.
Schon durchquerten wir den Eingang, da stolperte Anton vor mir, und ich über ihn. Da stürzte sich auch schon die Bestie auf  uns, doch plötzlich prallte sie zurück, stieß einen Schrei aus, drehte ab, und lief den nahen Berg hinauf. 

Ich stand auf, und stellte fest, dass meine Jacke sich geöffnet hatte. Mein silbernes Kruzifix hing offen auf meiner Brust. Hatte es das Ungeheuer verscheucht?
„Sehen sie, wohin es läuft!“, rief Anton
Ich wandte den Blick dorthin .Auf dem Hügel, den die Bestie erklommen hatte, thronte wuchtig ein Schloss.
„Schloss Bartowek“, sagte Anton „Es steht leer, seit die Gräfin eingemauert wurde.“
„Und warum brennt dort oben im Turm Licht?“
Anton bemerkte es und erschauerte.“
„Das dürfte eigentlich nicht sein!“
Und doch ist jemand dort oben. Doch das können wir jetzt nicht mehr ergründen. Zunächst gehen wir nach Hause, und verbinden unsere Wunden.“

*
Wir gelangten ungehindert nach Hause, wo Anton zunächst die Fleischwunde in meiner Schulter verband. Er selbst hatte nur Abschürfungen davon getragen. Ein Glas Tokaier und ein kräftiges Abendmahl stärkten uns wieder.

„Nun, ihren Mörder haben sie jetzt gesehen. Es ist unzweifelhaft, das diese Bestie für ihre Toten verantwortlich ist.“
„Aber was ist das für eine Kreatur?“
„Wenn ich es richtig gesehen habe, handelt es sich um einen Werwolf. Ich habe davon gelesen, hätte aber nie an ihre Existenz geglaubt. Eines allerdings ist seltsam. Es ist kein Vollmond. Nach dem, was ich darüber gelesen habe, gehen sie nur bei Vollmond um. Aber vielleicht es  auch nur ein verkleideter Mensch. Man kann nichts ausschließen. Doch etwas Unheimliches geht hier vor sich, und der Schlüssel, glaube ich, liegt Oben im Schloss. Morgen früh gehen wir dorthin, und sehen uns um.“
*

Früh am nächsten Morgen, nach dem Frühstück, traf ich zunächst ein paar Vorbereitungen. Ich entnahm meiner Geldbörse ein paar silberne Münzen, schmolz sie ein, und goss Kugeln daraus, mit denen ich meine Pistole lud. Dann ging ich damit zum Pfarrer, wo ich sie weihen ließ. Der Geistliche gab mir noch eine Weihwasser-Ampulle mit.

So gerüstet gingen wir los. Meine Schulter schmerzte noch, doch ich war zuversichtlich, dass ich es schaffte.
Es dauerte etwas über eine Stunde bis wir beim Schloss ankamen. Durch das offen stehende Portal betraten wir den Schlosshof. Hier innen konnte man sehen, wie verfallen das Gebäude war, in dem Zweihundert Jahre lang niemand gewohnt hatte.

Wir überquerten den Hof, und betraten schließlich das alte Gemäuer durch den Haupteingang, dessen schwere Eichentür ebenfalls offen war. Wir zündeten eine Fackel an, und gingen durch die Eingangshalle. Kalt gemauerte Wände, an denen wertvolle Wandteppiche hingen, auf dem Steinboden persische Läufer. Wir gingen die Treppe hinauf, einen Gang entlang, an dem Bilder hingen, die verschiedene Adlige zeigten.

Wir stiegen die Treppen wieder hinunter, gingen um sie herum, und betraten durch ein großes Portal den Thronsaal, einen großen, lang gestreckten Raum mit einem roten Läufer in der Mitte, der auf einen alten vergoldeten Holzthron zu führte. An den Wänden hingen Gemälde, ein besonders großes zeigte eine geradezu überirdisch schöne Frau mit hohen Wangenknochen, pechschwarzem Haar, und kalten, grauen Äugen, deren Blick grausam und hochmütig wirkte.

„Das muss die Gräfin sein“, meinte Anton
Ich nickte, und ging auf das Gemälde zu. So sehr mich diese Frau auch abstieß, so zog sie mich doch gleichzeitig an.

„Was genau suchen wir eigentlich hier?“, fragte mein Begleiter
„Offen gesagt, weiß ich das selber nicht so genau.“
Plötzlich hörten wir die Eingangstür ins Schloss fallen. Wir liefen hin, und überprüften Sie. Sie war verschlossen, und lies sich nicht öffnen. Wir gingen durch das Schloss, und suchten nach anderen Ausgängen, doch wenn wir einen fanden, war auch er verschlossen. Wir waren hier eingesperrt!

Auch die Fenster erwiesen sich als fest verschlossen. Starke Holztüren waren vor sie gelegt. Es war uns nicht möglich zu entkommen. Was sollten wir tun? Wir gingen in die Bibliothek, die wir bei unseren Streifzügen gefunden hatten, und ließen uns dort nieder.

Wir wussten nicht mehr, wie lange es gedauert hatte .Zwischenzeitlich waren wir wohl eingeschlafen. Plötzlich, es war schon dunkel geworden, ertönte ein lauter heller Ton, wie ein Klagelaut von einer Frau.

„Ich glaube, es kommt aus dem Thronsaal“, meinte Anton
„Ja, bestätigte ich“
Wir rappelten uns auf, und machten uns auf den Weg zum dort hin. Es war nicht weit, und so kamen wir nur wenige Minuten später dort an.
Ich öffnete das Portal, und trat ein. Gleich hinter fiel es wieder zu.Ich wandte mich um, und stellte fest, das Anton nicht mehr hinter mir war.

„Anton!“
„Er wird nicht mehr kommen“
Es war die Stimme einer Frau. Hell, aber hochmütig und hart im Klang. Sie hallte nach, was an dem Raum lag.
Ich fuhr herum, und gewahrte vor mir jene Frau, die auf dem Gemälde abgebildet war. Ihre Schönheit war noch größer, als auf dem Bild, doch umgab sie eine Aura der Kälte. Sie trug ein langes Weißes Kleid aus Spitze, welches dem auf dem Bilde glich.

Ich konnte nichts dagegen tun .Fast schon automatisch ging ich auf sie zu.
„Was hast du mit ihm getan?“, presste ich hervor
Ihr Lächeln konnte nicht anders als höhnisch bezeichnet werden.
„Ich gar nichts .Mein Karel wird sich seiner annehmen.“ Und mit lauter Stimme rief sie:“Karel!“

Lang gezogen ertönte das schaurige Heulen der Bestie, das wir Gestern schon gehört hatten, danach ein gellender Schrei von Anton. Die Gräfin kicherte.
„Er ist verloren. und nun zu uns, Professor!“
„Die Gräfin Bartowek?“, fragte ich

Sie kam auf mich zu, und schien dabei zu schweben.
„Einst herrschte ich über diesen Ort, und bald wird es wieder so sein. Diese armseligen Menschen glaubten doch tatsächlich, mich bannen zu können, in dem sie mich lebendig begraben. Sie haben sich jedoch getäuscht, denn Satan ist mein Verbündeter, und wenn es auch Zweihundert Jahre gedauert hat, nun bin ich wieder da, Rache zu üben, und den Thron wieder zu besteigen, der mir immer zu stand.“
„Ihr seid nicht gealtert. Wie ist das möglich?“
„Du irrst dich.“
Sie trat näher an mich heran, das heißt, sie schwebte mehr, denn sie schien keine Füße zu besitzen.
„Meine Schönheit ist ein Trugbild, denn ich bin kein Mensch mehr. Sieh´, was sie mir angetan haben“

Es flirrte um sie herum, und was ich dann sah, war so grässlich, dass ich einen Schrei nicht unterdrücken konnte.
Ihr Gesicht war eingetrocknet, und glich einer Trockenfrucht. Die Haut wirkte wie Pergament, welches über den Schädel gespannt war, und gab so ihrem Kopf  die Wirkung eines Totenschädels ,der mit schütterem, schwarzem Haar bedeckt war, in dem Staub und Spinnenweben hingen.

 Hier und da im Gesicht hatte die Haut Risse, und hing in Fetzten herunter. Rund um den Rand des Gesichtes  waren runde Einstiche zu sehen. Man hatte ihr  also auch eine Schandmaske aufgeschlagen, welche nun verschwunden war. Auch die Arme ,die aus dem vermoderten Kleid hinaus sahen , wirkten vertrocknet .In Fetzen die Haut, die Hände wie Klauen.

Diese Schreckensgestalt stand nun dicht vor mir. Ich stieß besagten Schrei aus, und prallte zurück. Kichernd näherte sich mir die Ausgeburt der Hölle.
„Du kannst nicht entkommen, genauso wenig wie dein Begleiter, der nun schon zerfetzt sein wird.“
Mein Herz krampfte sich zusammen. Der arme Anton! Er hatte mich um Hilfe gebeten, und war nun einen grausamen Tod gestorben, den ich nicht hatte verhindern können. Verzweiflung machte sich in mir breit, und Wut.
Selbst wenn Anton tot war, musste ich doch den Ort von diesen Kreaturen befreien. doch wie?

Während ich zurück wich griff ich in eine Jackentasche, und fühlte die Weihwasser- Fiole. Könnte sie mir  helfen? Es war mehr eine Entscheidung der Verzweiflung. Ich zog die Ampulle hervor, und schleuderte sie mit aller Kraft gegen die Fratze der teuflischen Kreatur, wo sie zerbarst, und ihren Inhalt über sie ergoss. Die Reaktion setzte sofort ein.

Es schien, als würde sie zerfressen. Blasen bildeten sich auf ihrer ‚Haut, und platzten auf Unmenschliche Schreie ausstoßend  fuhr sie herum .Sie schien sich nicht mehr unter Kontrolle zu haben

Ich schritt wieder auf sie zu. Dabei ging meine Jacke auf, und das Kreuz kam zum Vorschein. Sie wich zurück. Sie hatte Angst vor dem christlichen Symbol!
Ich nahm das Kruzifix in die Hand, und schritt damit auf sie zu. Sie wich weiter zurück, doch das Weihwasser schien sie zu schwächen.

Ich war jetzt dicht bei ihr, ergriff angeekelt ihren Kopf, und drückte einem Instinkt folgend, das Kreuz auf ihre Stirn. Sie erzitterte und erbebte, stieß einen lauten, klagenden Schrei aus, und plötzlich hielt ich nichts mehr in der Hand. Ihr Kleid war zu Boden gefallen, und es rieselte Staub hinaus. Sie war zu Staub zerfallen. Ungläubig starrte ich auf das Kreuz in meiner Hand, dem ich solche Macht nicht zugetraut hätte.

Doch lange konnte ich nicht in Gedanken verharren, denn sogleich krachte und splitterte die Tür, und herein kam die Bestie. Oh nein, den Tod von Anton sollst du büssen!

Das Ungeheuer sah die Überreste seiner Herrin, stieß einen lag gezogenen Schrei aus, und stürzte sich auf mich.Ich wich ihm zur Seite aus, und griff in meinen Gürtel, wo die Pistole steckte. Die Silberkugel hatte ich extra für das Monster angefertigt, wenn ich auch nicht restlos von ihrer Wirkung überzeugt war, doch was anderes hätte mir einfallen sollen?

Die Bestie stürzte sich wieder auf mich. Ich richtete die Waffe auf sie, und feuerte .Beide Kugel trafen. Eine unterhalb des Halses, die Zweite ins Herz. Das Ungeheuer erstarrte, begann zu zittern, und brach, ohne einen weiteren Laut zusammen. Ungläubig und Grauen erfüllt sah ich, was geschah. Das Monster schrumpfte, das Fell ging zurück, und gab menschliche Haut frei. Die Wolfsschnauze bildete sich zurück, und wich dem hageren Gesicht eines mittelaltrigen Mannes mit langem, schwarzem Haar.

Anton! Ich musste nach ihm sehen, auch wenn ich nur noch Fetzen von ihm finden würde, doch die musste ich von hier fort schaffen, und auf dem Friedhof begraben. Ich betrat den Nebenraum klopfenden Herzen, und in Erwartung eines bestialisch zugerichteten Leichnams, doch da war nichts .sollte er…
„Anton!“, rief ich laut „Anton!“
Plötzlich hörte ich seinen leisen Ruf: “Hier“
Ich folgte seiner Stimme, auf die andere Seite der Eingangshalle. Dort war eine kleine Kapelle. Offenbar war sie nie entweiht worden, und Anton hatte die glänzende Eingebung gehabt, sich dort hin zu flüchten. Meine Erleichterung war unbeschreiblich. Lachend lagen wir uns in den Armen. Dann brachte ich ihn zum Thronsaal, und zeigte ihm den unbekannten Mann, in den sich der Werwolf verwandelt hatte.

„Das ist Karel Woijzak, der Schloßkastelan. Lebte im Dorf, hat hier aber immer nach dem Rechten gesehen. konnte sich nie von dem Schloß trennen. Seine Familie hat den Bartoweks immer gedient.“
„Auch als Bestien, um ihre Widersacher zu töten.“
„Aber sie sagten, erbrauche Vollmond, und jetzt ist auch keiner.“
„Tja, dieses Rätsel werden wir wohl nicht lösen können. Ich vermute, es lag an der Magie seiner Herrin.“
*
Wir verließen diesen entsetzlichen Ort .Karels Leiche nahmen wir mit, und begruben sie auf dem Friedhof.
Drei Tage noch, blieb ich in Bartowek, bis ich mich völlig von unserem ‚Abenteuer erholt hatte, dann reiste ich nach einem herzlichen Abschied ab.

So sitze ich nun hier, und bin am Ende meiner Erzählung. Mittlerer Weile ist es dunkel geworden. Der Vollmond scheint, und mich befallen eine Unruhe, und ein Kribbeln…

ENDE

Wer sich noch mehr gruseln möchte: